Rosenduft – Sommerluft

Text: Andreas Barlage
Fotos: Staudengärtnerei Gaißmayer

Über Rosenduft hat an dieser Stelle vor längerer Zeit die viel zu früh verstorbene Rosenkennerin Inge Burkhardt einen lesenswerten Beitrag geschrieben. So will ich diesmal zwei Aspekte vertiefen: Duftstärke und Duftnote. Beide sind bei Rosen ausgesprochen unterschiedlich und das ist wirklich interessant.

Der einfachere Teil des Themas ist die Duftstärke. Moment mal … einfacher? Nun gut. Es gibt Rosen, bei denen sich Fachleute wie Laien einig sind,  dass sie sehr stark duften. Etwa unsere Allzeit-Heldinnen wie ‘Rose de Resht’ oder ‘Madame Boll’ (syn. ‘Comte de Chambord’). Aber selbst bei ihnen kann der Duft schwach ausfallen. Meist nach einem warmen Sommertag – denn die Wärme verbraucht sehr viel der Duftöle, die in den Blütenblättern gelagert werden, so dass ihr Tagesvorrat am Abend zur Neige geht.

Ein weiteres Unsicherheitsmerkmal ist die Tatsache, dass mäßig bis leicht duftende Sorten von einigen Menschen gar nicht mehr wahrgenommen werden. Oft habe ich an einer Rose geschnuppert und leicht süße oder honigartige Nuancen wahrnehmen können, während jemand anderes gar nichts gerochen hat – gelegentlich war es aber auch umgekehrt. Ob es eine Tagesform der Nase gibt?

Wie läuft das nun mit dem Rosenduft im Garten? Ist jedes Beet, das ich mit stark duftenden Rosen bestücke, dann automatisch eine Quelle von Duft in der Luft? Dazu eine interessante Beobachtung von Alma de l’Aigle (1889-1959), die ich gerne zitiere. Sie sprach von „duftbewahrenden“ und „duftverströmenden“ Rosen. Den Duft der ersten – selbst wenn er stark ist – nimmt man erst wahr, wenn man direkt an der Rose schnuppert. Sorten der zweiten Gruppe geben den Duft an die Luft ab und machen sich schon deutlich bemerkbar, bevor man sich in unmittelbarer Nähe befindet. Gewiss sind die Grenzen auch hier fließend, aber das Wetter und die Tageszeit werden  immer einen Einfluss darauf haben, wie stark eine Rose duftet.

Vielfach duften die Einzelblumen von Rambler-Rosen wie ‘Maria Lisa’, ‘Guirlande d’amour’ oder Rosa helenae eher leicht oder mittelstark – und doch kann man sie riechen, wenn man nur durch den Garten geht. Das ist sehr leicht zu erklären: Die Duftöle sind in den Petalen geborgen. Folglich duften in der Regel dicht gefüllte Rosen stärker als einfache. Je mehr Blütenblätter, desto mehr Duft – logo! Und übertragen auf die Rambler ist die Lösung simpel: Sie bringen eine so große Fülle an Blüten hervor, dass deren Blütenblattmenge völlig ausreicht, um jeden, der den Garten betritt, in einen leichten bis mittelschweren Duftrausch zu versetzen …

Dass Rosen unterschiedliche Duftnoten haben, ist allgemein bekannt. Nicht jede Rose duftet nach Rose. Ziemlich typisch sind zwar hier ebenfalls die ‘Rose de Resht’ und ‘Madame Boll’. Sie verströmen einen so genannten „Damaszenerrosen-Duft“, der allgemein als Rosenduft bezeichnet wird. Kein Wunder, denn es handelt sich um öfter blühende Abkömmlinge der eigentlich nur einmal im Sommer blühenden Damaszener-Rosen. Und es ist die Damaszener-Rose ’Trigintipetala’, die traditionellerweise für die Gewinnung von Duftölen auf dem Balkan angebaut wird.

Aber Rosen haben noch mehr zu bieten. Auffällig nach Honig duftet beispielsweise ’Sternenflor’, zu deren Ahnen die duftlose ’The Fairy’ und Rosa wichuraiana, eine Wildart, die eher nach Äpfeln duftet. Warum der Duft von ’Sternenflor’ so mild-süßlich ausfällt, ist mir auch eher schleierhaft. Da ist die Kletter-Rose ‘New Dawn’ etwas typischer, denn auch sie stammt von Rosa wichuraiana ab. Und sie hat einen eher herben Apfelduft übernommen … in den sich freilich auch wieder andere Noten mischen.

Ausgesprochen süß mit nur ganz leichten Anklängen des „Damaszenerrosen-Duftes“ duftet die unschlagbare ‘Stanwell Perpetual’. Bei ihr handelt es sich mit allergrößter Wahrscheinlichkeit um eine Kreuzung aus einer Damaszener-Rose und der Bibernell-Rose (Rosa spinosissima). Letztere lieferte den Pollen und ist somit der Papa. Und Papa hat sich beim Wettlauf der Gene durchgesetzt – und zwar sowohl im Aussehen der Tochterpflanze als auch in der Duftnote. Bibernell-Rosen duften nämlich süßlich und etwas nach fadem Puder und, offen gestanden, leicht muffig. Hier greift aber  die Mama Damaszener-Rose ins Geschehen ein und legt ihrer schönen Tochter die echte Rosennuance für ihr beständiges Parfum in die Wiege. So begeistert ‘Stanwell Perpetual’ durch einen delikaten ungewöhnlich süßen Duft mit einer frischen Erinnerung an Rose.

Dass Gallica-Rosen überraschend mild duften, war mir so gar nicht bewusst, bis ich sie selbst mal im Garten gepflanzt hatte. Bisher war ich immer von einem Duft in Richtung Damaszener-Rose ausgegangen. Doch die beiden sehr früh entstandenen Sorten ‘Versicolor’ (eine gestreift blühende, natürlich entstandene Mutation von ‘Officinalis’, bei der nur die Blütenfarbe abweicht) und ‘Tuscany’ verstömen ein sanftes, aber gut wahrnehmbares Odeur, dass auf den ersten Blick so gar nicht zu den Rosenblüten passt … und überaus schwer zu beschreiben ist.

Und damit sind wir beim seltsamsten Punkt angekommen, wenn es um die Beschreibung von (Rosen-)Düften geht. Nur relativ wenige Blütendüfte können die meisten Menschen genau als solche beschreiben. Die typische Damaszener-Rose eben, Lilien, Nelken, Maiglöckchen, Flieder, Veilchen… aber da hört es beim Gros der Leute schon auf. Gartenfreunde haben es da leichter. Sie erkennen meist noch Goldlack, Jasmin, den herben Duft von Sommerflieder, Heliotrop, Hohen Phlox und das eine oder andere mehr.

Aber wie soll man nun einen Duft beschreiben, der von den Standards abweicht? Es lassen sich nur Vergleiche anstellen mit Düften aus anderen Quellen, die allgemein bekannt sind. Bei Rosen etwa können das Äpfel, Zitronen, Limonen, Gewürznelken, Tee, Pfirsiche, Himbeeren, Honig oder Mangos sein. Hinzu kommt noch die Erschwernis, die Gewichtung der einzelnen Komponenten irgendwie zu fassen. Und als wäre das nicht genug, verändern sich viele Düfte im Laufe eines Rosenblütenlebens, weil die eine oder andere Nuance sich schneller verflüchtigt.

Moment! Sagt da einer, dass das irgendwie unbefriedigend ist? Nein, das ist es wahrlich nicht! Denn diese nie ganz “dingfest” zu machenden, veränderlichen Nuancen duftender Rosen laden dazu ein, sie näher kennenzulernen. Eine gute Übung ist es, an den verschiedensten Rosen zu riechen und zu versuchen, sich die einzigartigen Mischungen der Duftkomponenten zu merken. Das schärft die Sinne, macht uns die Kostbarkeit von Blumen wieder stärker bewusst und ist ein wunderbarer, spielerischer Genuss.

Also: Ab in die Rosen!

So der here Vorsatz. Natürlich habe ich mir auch vorgenommen, unsere Dachterrasse attraktiver für Summer und Brummer zu machen – aber ich stelle fest, dass die Tücken in meinem Kopf liegen. Man mag mich für inkonsequent halten (zu Recht), aber ich kann mir (m)einen Garten oder meine Terrasse nicht vorstellen, ohne ein paar Blumen oder exotische Gewächse die für Insekten stumm sind. Rosen, die dicht gefüllt sind müssen sein, wenigstens ein paar davon. Ohne Fliederduft will ich nicht in den Mai tanzen, Oleander erinnert mich an mediterrane Urlaube und Stefan liebt seine Hortensie. Tulpen, vor allem Wildtulpen, bieten offenbar wenigstens einen kleinen Snack für frühe Hummeln und Bienen, bei Stiefmütterchen bin ich mir da allerdings nicht so sicher …

Und so sehe ich zu, mit anderen Pflanzen Gegengewichte zu schaffen. Mit Stauden, die ich persönlich mag ist das kein Problem. Die üblichen Verdächtigen unter den Rosenbegleitern wie Katzenminze (Nepeta), Zier-Salbei (Salvia) oder Lavendel (Lavandula) sind sogar ausgesprochen bienenfreundlich. Da ich ja alles in Kübeln kultiviere, habe ich den Vorteil, den trockenheitsliebenden Pflanzen – allen voran Lavendel – das richtig Substrat zu geben ohne dass ich partieweise einen satten Rosenboden abmagern müsste. Regelrecht verliebt bin ich in die Ästige Graslilie (Anthericum ramosum), eine heimische Pflanze mit feinsten Lilienblüten die im Wind zu tanzen scheinen. Heimische Pflanzen sind von Vornherein für unsere Bienen interessant.

Doch auch Importe von nah und fern entpuppen sich als überraschend insektenfreundlich. Gaura lindheimeri und besonders Verbena bonariensis werden ja geradezu belagert. Und zu meiner allergrößten Freude bekommen auch Zinnien, Schmuckkörbchen und meine heiß geliebten Löwenmäulchen viel Besuch von Bienen, Faltern und Co. . Bei Dahlien ist das auch so … also bei Sorten, die noch offene Staubgefäße zeigen. Obwohl ich gerade Kaktus-Dahlien wie ’Nuit d’eté’ toll finde, fällt es mir zunehmend leichter mich für Sorten wie ’Bishop of Landaff’ und die anderen Bishops zu begeistern, oder so etwas Hübsches wie ‘Bright Eyes’. Mir gefielen Dahliensträuße immer schon gut, die aus vielen unterschiedlichen Sorten zusammengestellt wurden. Dann können auch mal gefüllte Blüten darin auftauchen – so als „Gewürz“ das das ganze Blumengericht eine Spur raffinierter macht. Die Mischung macht’s (wie immer) …

 

Und schwupps sind wir bei würzenden Pflanzen. Wie toll ist das denn, dass fast alle aus dem Regal „Kräuter und Gewürze“ auch bei Insekten so beliebt sind. Minzen auf dem Balkon sind ja sowieso ein Muss – ich habe die kühlste, schattigste Stelle für sie reserviert. Limonaden, Eistees oder Drinks sind ohne sie im Sommer undenkbar. Schnittlauch und Berg-Bohnenkraut sind ebenfalls Anflugkandidaten. Mit Dill starte ich dieses Jahr einen Versuch, die Petersilie vom letzten Jahr mickerte vor sich hin aber blühte. Sie wird dieses Jahr von Liebstöckel ersetzt … ob der sich halten wird … und hoffentlich wird der nicht so riesig wie einst im Schrebergarten. Vielleicht sollte ich mal den kompakter wachsenden Schottischen Liebstöckel (Ligusticum scoticum) ausprobieren … das passt dann perfekt zu meinem Kilt …

Aber was ist mit meinen heiß geliebten sommerblühenden Zwiebelblumen? Verflixt, das habe ich noch nicht genau beobachtet! Ich bleibe am Ball und zähle die fliegenden Besucher … und werde berichten.

Andreas Barlage
Lieblingspflanzen Andreas Barlage ist der Wandervogel unter den Gartenbesitzern. Weil er in seinem Leben viel umgezogen ist, hat er reichlich Erfahrungen an sehr unterschiedlichen Standorten sammeln können.
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Text: Andreas Barlage
Fotos: Staudengärtnerei Gaißmayer