Alte Gießkannen – sanftes Nass von oben

Text: Antje Peters-Reimann
Fotos: Staudengärtnerei Gaißmayer

Bevor die Gießkanne ihren Einzug in unsere Gärten hielt, sorgte man mit Töpfen, Kübeln, Kannen oder Krügen aus Ton für künstliches Nass. Auch gab es spezielle Gießtöpfe mit durchlöchertem Boden. In der Form, wie sie uns heute vertraut sind, gibt es Gießkannen etwa seit Anfang des 19. Jahrhunderts. Der Gärtner hatte die Qual der Wahl zwischen zwei Typen von Kannen: Wohl ursprünglich aus Eimern entwickelte sich die »Englische Form« mit rundem Korpus, Querbügel und hinterer Handhabe (= Griff), die sich allerdings nicht immer leicht bedienen ließ.

Gießkannen

Wohl aus diesem Grunde ersannen findige Grünfinger mit der Gießkanne in »französischer Form« eine Weiterentwicklung, die sich als deutlich weniger sperrig erwies. Neu war der ovale Korpus mit durchgehendem Längsbügel. Durch diese Veränderung konnte der Gärtner auch bis oben hin gefüllte, schwere Kannen leichter, weil näher am Körper, tragen. Auch das einhändige Gießen gestaltete sich so bedeutend problemloser.

Inbegriff »der« Gießkanne waren die Produkte der Firma Schneider aus Stuttgart-Feuerbach. Seit 1876 fertigte das Unternehmen Kannen in allen Größen, von den ganz kleinen 1,5-Liter-Gefäßen bis zu den »Riesen« mit 16 Liter Fassungsvermögen. Gerade auch wegen ihrer Robustheit waren die »Schneiderkannen« insbesondere auf Friedhöfen beliebt. Auch Spezialformen wie Gewächshauskannen oder Hängebrettkannen stellten die Schwaben her. Durch ihre Löffelbrausen mit einem ganz feinen Sieb waren sie gerade für die Anzucht von Keimlingen gut geeignet. Mittels des langen Gießrohrs konnte der Gärtner sogar seine Schützlinge in den hinteren Bereichen des Pflanztisches leicht erreichen. Der neuzeitlichen Billigkonkurrenz der Plastikkannen in allen Farben und Größen konnten die Schneiders leider nicht standhalten – 1989 wurde die Gießkannenproduktion eingestellt.

Seit einigen Jahren jedoch erwacht im Zuge der neuen Gartenkultur auch unter Gartenfreuden wieder das Bewusstsein für altbewährte Gartengeräte. Zahlreiche Metallkannen im »Retrostil« und nach alter Bauart halten wieder Einzug in die Gärten. Und auch die Original-Schneiderkannen tauchen repariert und instandgesetzt auf Flohmärkten und sogar bei ambitionierten Gartenbedarf-Anbietern wieder auf. Schön, dass die Begeisterung für manches gute alte Schätzchen eben doch nie ganz verloren geht!

PS: Wer es ganz genau wissen will, kann im Gießkannenmuseum im hessischen Gießen (der Name scheint Programm!) mehr erfahren. Vorläufer unseres heutigen Gartenschlauchs kannte man in Deutschland bereits im 16. Jahrhundert. Doch so, wie er heute ist, verdanken wir ihn übrigens einem erst 15Jährigen findigen Kopf aus Amsterdam, der im Jahr 1652 Zeuge eines verheerenden Brandes des Rathauses wurde: Er erfand ein Feuerlöschgerät, an das aus Segeltuch genähte Schläuche anzuschließen waren.



Zum Weiterlesen:
Hundbiss Wolfgang E. und andere:
Künstlicher Regen. Eine Annäherung an die Gießkanne,
Illerbeuren 2002.

Antje Peters-Reimann
Antje Peters-Reimann ist Gartenhistorikerin und Journalistin in Essen. Sie hat sich der Geschichte der Gartenkunst verschrieben und berichtet berichtet über bekannte und unbekannte Gärten und ihre Schöpfer und erzählt spannende »grüne Geschichten«!...
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Text: Antje Peters-Reimann
Fotos: Staudengärtnerei Gaißmayer