Die Verwaldung des Gartens

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Wenn man ihn nicht sorgfältig verwaltet, sprich täglich bereit ist zu jäten, Bäumchen zu rupfen, dann verwaldet der Garten. Ich berichte nicht ohne einschlägige Erfahrung vom Jamlitzer Areal, zu dem auch ca. 1 Morgen (2.500 qm) Wald gehört. Und in diesem Wald stehen Bäume, die sich vermehren wollen. Einst war dieser Wald ein sogenannter Forst, eine Kiefern-Monokultur, wie sie in den vergangenen Jahrhunderten gepflanzt wurden. Ich entsinne mich noch: der Boden war bedeckt mit braunen Kiefernadeln, es gab keinen Unterwuchs und außer Kiefern allenfalls ein paar Robinien. Sieht man vom diesjährigen Katastrophensommer ab, dann haben die Niederschläge gegenüber den Zeiten meiner Kindheit stark zugenommen. Früher sprach man von 400 mm, in den letzten Jahrzehnten fielen 600 bis 800 mm Regen! Das war einer der Gründe, warum sich der Wald inzwischen in einen Mischwald verwandelt hat. Der andere Grund war die Entnahme einiger Kiefern für Bauzwecke, das brachte Licht in den Wald. Und so konnten jede Menge Laubbäume wachsen und das Bild völlig verändern. Heute hat sich ein Gleichgewicht eingestellt zwischen Laub- und Nadelbäumen. Eichen, Buchen, sogar Eschen und Ulmen, vor allem aber Spitzahorne breiten sich aus. Wo es früher nur braune Kiefernadeln gab, blühen im Mai jetzt flächendeckend Schöllkraut (Chelidonium majus) und im Sommer das kleinblütige Springkraut (Impatiens parviflora). Sogar Lunaria annua, das einjährige Silberblatt, ist verwildert und bringt violette Aspekte in den Wald. Aber zurück zu den Gehölzen. Seit der Jahrhundertwende halten mit erstaunlichen Stückzahlen die Eiben Einzug in den Wald. Vögel schaffen das durch ihren Darmtrakt und dabei sind sowohl Säuleneiben wie in die Breite wachsende Exemplare entstanden.

Der Garten in der Nachbarschaft des Waldes

Es leuchtet ein, dass die Vögel den Wald als Toilette benutzen. Im Garten jedenfalls waren noch nie Eibensämlinge zu finden. Wohl aber Sämlinge all jener Gehölze, deren Samen durch Luft und Wind verbreitet werden. Allen voran die Kiefern. Es vergeht kein Tag im Garten, ohne dass Kiefern gerupft werden müssen. Bemerkenswert ist in diesem Jahr allerdings, dass viele Kiefernsämlinge vertrocknet sind! Zu den "eingeflogenen" Bäumen gehören an zweiter Stelle die Spitzahorne. Ob im freien Garten oder im schattigen Wald, die Spitzahorne gehen in Massen auf. Im Wald muss man sich Wege freischneiden, im Garten unermüdlich zupfen. Eicheln fallen nicht weit vom Stamm. Aber einige Eichen stehen in Gartennähe. Man merkt, wie heimisch sich die Eichen in Brandenburg fühlen. Meine Großeltern haben einen Eichensämling unter einer Gartenbank übersehen. Statt den Sämling zu entfernen, haben sie die Bank beiseite gestellt. Ich kannte diesen Baum als riesiges Gehölz mitten im Garten. Birken- und Ulmensämlinge sind reichlich im Garten anzutreffen. Dabei wurden die Ulmen ja schon lange totgesagt.

Der Wald als Nachbar macht sich aber auch in anderer Hinsicht bemerkbar. Dass die Sonne erst ab 11 Uhr scheint, ist nicht zu ändern. Man muss den Garten entsprechend gestalten. Unangenehmer sind die Wurzeln der Kiefern, die über 20 m weit in den Garten vordringen und dabei sogar in die Höhe steigen, der Garten liegt höher als der Wald. Beim Herausziehen der Wurzeln wird man mit frischem Harzduft entschädigt.

Es ist spannend, wenn man aus nächster Nähe beobachten kann, wie die Vegetation ihrem Endzustand zustrebt. Dieser Endzustand ist in Mitteleuropa der Wald. Alle Flächen, die der Mensch als Acker, als Grünland oder für Gärten braucht, muss er durch ständige Bearbeitung frei halten. Rund um Jamlitz wurde früher jeder Quadratmeter Straßenrand und Böschung für Ziegen- und Kaninchenfutter genutzt. Seit geraumer Zeit, und besonders seit die Selbstversorgung durch die Bedarfsdeckung im Supermarkt abgelöst wurde, sind viele freie Ausblicke durch dichten Gehölzwuchs verbaut.
Abschließend sei gesagt: vor 2 Wochen habe ich 10 Schubkarren, gefüllt mit Eicheln und Eichenlaub, in den Wald gefahren. Ein paar Hundert Eichen werden trotzdem im Frühjahr keimen.

Christian Seiffert
aus Jamlitz und Eresing Seit 2001 experimentiert Christian Seiffert parallel in zwei geographisch weit auseinanderliegenden Gärten: in Oberbayern und in der Niederlausitz, im Land Brandenburg.
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Text und Fotos: Christian Seiffert