Heute offene Gartenpforte

Ein Beitrag von

Der Gärtner ist gern allein in seinem Garten. Hier werkelt er, wie aus der Zeit gefallen, Stund um Stund, sommers wie winters. Pflanzt, pflegt, wässert, resigniert, heult und lacht. Schuftet sich einer wohltuenden Müdigkeit und einem heißen oder kalten Getränk entgegen. Er liebt das.

Er liebt es auch, Besucher in seinem Reich zu empfangen. Zum einen ist er ein geselliger Mensch, der sich gern mitteilt, überhaupt gern teilt. Weitaus wichtiger als die reine Geselligkeit ist ihm jedoch, sein Kleinod, sein Imperium, sein Königreich zu zeigen. Denn es ist ein wunderschönes Königreich, wahrlich, und er erwartet nicht mehr und nicht weniger als uneingeschränkte Begeisterung. Zu Recht!

Er freut sich auf die vielen liebenswerten Besucher, einige halten ihm über Jahre die Treue, manche wurden zu Freunden, häufig bereichern sie sein Leben mit interessantem Wissen. Alles hat der Gärtner aufs Schönste gerichtet, fein die Wege abgesprickelt, der Formschnitt ist vollendet gelungen, die Blumen wiegen sich in aller Farbenpracht im linden Sommerwindchen. Alles bereit, die Gartenpforte für Besucher zu öffnen – auch der Gärtner ist bereit und in Hochstimmung.

Und hier kommt der geneigte Gartenbesucher ins Spiel, (alle handelnden Personen sind nicht frei erfunden!), ein Spiel mit etlichen Unbekannten, Fallstricken und möglichen zu begehenden Fehlern.

Zuerst Auftritt des »nichts als Arbeit Sehenden«. Dieser Gast wendet sich lächelnd dem Gärtner zu: »Wunderschön haben sie es hier«, dann entgleist die Mimik ins Tragische: »aber die Aaaaaarbeiiit....!« Das durchfährt den Gärtner wie ein Dolchstoß. Ist denn sein Garten nicht eine luftige Kreation, die sich gleichsam selbst erschuf? Sieht es hier nach Arbeit aus? Und wenn, fragt er sich, welches gute Produkt gelingt denn ohne Arbeit, ohne Kümmern, Schauen, Inbrunst? Wer geht daher und sagt zu Leuten, sie hätten prima geratene Kinder, freundlich und klug – sogar musikalisch – aber die Aaaaarbeiiit! Gut, ich hätte auch gerne drei so liebe Kinder, aber mich hat einfach abgehalten, dass sie so viel Arbeit machen. Habe jetzt einen Hund (Balkon).

Aber das Werkeln im Garten, das Auf und Ab, kreuz und quer, das uns so viele Stunden auf dem Heimtrainer erspart, vielleicht sogar eine Grundausbildung bei der Bundeswehr, diese sinnliche Körperlichkeit, die unser Immunsystem stärkt, der Natur nahebringt (auch der eigenen), dieses Werkeln zuallererst als Arbeit zu bezeichnen, gleicht einer Beleidigung. Und einem grundlegenden Nichtverstehen vom Gärtnern. Denn Gärtnern bedeutet nicht, mit einer Flasche Bier in der Hand die Grillwurst zu wenden. Es bedeutet, sich in einem schöpferischen Prozess einzulassen auf die Natur, den Boden, das Wetter, Tiere und Pflanzen. Den eigenen Geist, den eigenen Körper einzubringen mit seinen Möglichkeiten und/oder Einschränkungen.

Also sagen sie das nächste Mal lieber: »Wunderschöner Garten..., Sie müssen fit sein wie ein Turnschuh«. Das hört der Gärtner gern.

Zum Weglaufen (aber das gelingt meist nicht) ist der Gast, der sich den Gärtner krallt und ihm, nach kurzer Zustimmung in Sachen Garten, seine Fotogalerie auf dem Handy aufdrängt, unzählige unscharfe Bilder reihen sich zu einer schier endlosen Litanei von einer langweiligen z. B. Dahliensammlung die der Gärtner mit einem freundlichen Lächeln abnickt, anstatt dem Gast das Handy zu entreißen und damit in den Gartenteich zu springen.

Immer zum Auftritt kommt der Gast, der quasi schon mit der Schaufel in der Hand anrückt, ganz sicher, dass der Gärtner mitsamt seiner milden, der Welt zugewandten Gärtnerseele nichts Besseres zu tun hat, als munter im Garten Stauden zu teilen (oder vielleicht braucht er sie gar nicht mehr, ist doch schon so voll hier), Samenkapseln auszubrechen oder Teile der Deko (für kleines Geld) aus der durchdachten Inszenierung zu reißen. Der Gärtner reißt ... sich zusammen, und auf die freundliche Einladung, doch im Herbst wiederzukommen, da würden die Stauden geteilt, einige reife Samenkapseln würde er gerne aufbewahren und vielleicht seien Teile der Deko dann auch vakant, wendet sich der Gast mürrisch ab. »Das ist doch kein richtiger Gärtner«, hört der Gärtner ihn raunen.

Neben diesen drei durchaus häufig anzutreffenden Hauptgattungen an Gartenbesuchern finden sich aber auch weitere, herausfordernde Untergruppierungen. Hier wären zu nennen der »Zigarette ins Beet Schnipper«, der gelangweilte Begleiter, der belehrende Besserwisser, die »gibt´s hier keinen Kuchen ?«-Fraktion und die unaufmerksam in die Rabatte Stapfenden. Quengelnde Kinder und bellende Hunde (oder umgekehrt) sind da ein locker wegzusteckendes Problemchen. Ein solcher Gartentag ist also nicht durchweg erfreulich, manches Mal zieht der Gärtner den Kopf zwischen die Schultern und denkt an morgen. Morgen ist er hier wieder allein, allein in seinem Garten.


Text und Fotos: Ute Eckartz