Kleine Gestecke mit großer Wirkung

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Ich liebe es, mich kreativ mit Schnittblumen auseinanderzusetzen und neue Techniken zu lernen. Da ich selbst keine Floristenausbildung habe, steht der Spaß, das Ausprobieren und manchmal auch das Misslingen im Vordergrund. Denn aus Fehlern lernt man bekanntlich.

Im letzten Jahr habe ich einige Techniken ausprobiert, mit denen sich Blumenarrangements mit wenig, leicht zugänglichem und wieder verwendbarem Material kreieren lassen. Hilfsmittel wie Steckschaum und Plastik versuche ich aus Nachhaltigkeitsgründen zu vermeiden. So war es naheliegend, mich an der Kunst des Blumenarrangierens mit einem Blumenigel oder Kenzan zu versuchen.

Viele werden mit dem Blumenigel »Ikebana« verknüpfen, eine Kunst des Blumenarrangierens, die ihren Ursprung in Japan hat. Ikebana heißt so viel wie 'die Kunst der lebendigen Blüte'. Ein Ikebana-Gesteck ist weit mehr als ein Blumengesteck, Ikebana ist eine Kunstform. Die Gestecke gleichen Skulpturen, arrangiert mit drei Hauptkomponenten, die Himmel, Mensch und Erde abbilden. Der Fokus des Ikebana liegt auf der Einfachheit und Schönheit der einzelnen Blumen. Von der Blüte über die Blätter, Stiele bis hin zur Knospe wird jede Blume als ein Ganzes betrachtet. Die intensive kreative Auseinandersetzung mit den Blumen kann zu seelischer Ruhe, einer Art der Meditation führen, die auch Kadō, Weg der Blume, genannt wird. Mich begeistert die Einfachheit der Ikebana-Gestecke, in deren Zentrum wahrlich die einzelnen Blumen stehen. Es werden Details sichtbar, die in einem üppigen Strauß oder pompösen Blumengesteck so nie aufgefallen wären. Die Einfachheit der Gestecke strahlt eine Ruhe aus, wie wir sie aus der Natur kennen.

Das minimalistische Blumenarrangieren mit einem Blumenigel hat den Vorteil, dass nur wenige Blumen benötigt werden. Selbst habe ich nur einen Balkon zu Hause – mit vielen Schattenstauden, die besonders durch Blatttexturen und -farben auffallen und nicht durch imposante, auffällige Blüten. Das ist ideal für minimalistische Gestecke mit dem Blumenigel. Auch bei neu angelegten oder kleinen Gärten fällt die Blütenauswahl für floristische Kreationen oft nicht üppig genug aus, um jede Woche Sträuße zu binden oder gar genug Material für große Gestecke zu haben.

Für ein Gesteck mit dem Blumenigel wird nicht mehr benötigt als ein Blumenigel, ein Gefäß (ich halte immer nach schönen kleinen Schälchen auf Flohmärkten Ausschau), Blüten und Blätter. Wer sichergestellen möchte, dass der Igel nicht verrutscht, kann auch etwas Klebe-Knetmasse verwenden, allerdings verzichte ich darauf, und bisher ist immer alles an Ort und Stelle geblieben. Für meine Gestecke war ich dieses Mal standorttreu und möchte euch jeweils zwei Gestecke mit Stauden aus dem Schattenbreich und zwei Gestecke mit Stauden eines sonnigen Standortes zeigen. Arrangiert sind die Gestecke sehr einfach, die Stängel der Blumen können zwischen oder in die Stacheln gesteckt werden.

Für mein weißes »Schattengesteck« verwendete ich die Blüten und Blätter der Falschen Alraunwurzel (Tellima grandiflora) und die zartweißen Blüten des Silbernen Hahnenfußes (Ranunculus aconitifolius 'Pleniflorus'). Letzterer ist für mich ein richtiger Favorit geworden, denn seine Blüten halten sich wunderbar in der Vase und sind ein echter Geheimtipp im Bereich der Schnittstauden. Die tränenförmigen Blüten der weißen Form des Tränenden Herzens (Dicentra spectabilis 'Alba') sorgen für den gewissen Hingucker.

Mit dem Fokus auf die Blattform arrangierte ich ein weiteres Gesteck mit Schattenstauden und verwendete das kastanienähnliche, bräunliche Laub des Schaublattes (Rodgersia henrici 'Die Schöne'), die zarten, filigranen Blätter des Himalaja-Venushaar-Farns (Adiantum venustum), sie sorgen für Leichtigkeit, dazu die weiß-grünlichen, glockenartigen Blüten des nickenden Milchsterns (Ornithogalum nutans), sie verleihen dem Ganzen Höhe und Farbe.

Ein schlichtes »sonniges« Gesteck zauberte ich mit den prächtigen dunkel-lila Blüten des stattlichen Kugellauches (Allium altissimum 'Goliath') sowie den weißen, duftig-luftigen Doldenblüten des Bärwurzes (Meum athamanticum).
Mit Blättern und Blüten eines mageren, sonnigen Standorts kreierte ich ein weiteres Gesteck mit den apart blaugrauen Blättern des Küsten-Meerkohls (Crambe maritima), dem gefiederten Laub und dekorativen Samenständen der Küchenschelle (Pulsatilla vulgaris). Die lilienartigen Blüten der Astlosen Graslilie (Anthericum liliago) runden das Gesteck ab und kommen durch die blaugrauen Blätter des Meerkohls besonders schön zur Geltung. So lassen sich aus einigen wenigen, aber gut ausgewählten Komponenten kleine Gestecke mit großer Wirkung zaubern!


 


Text und Fotos: Sina Schneider