Salomonssiegel und Waldmeister

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Eigentlich wollte ich gerade etwas anderes schreiben. Dazu zog ich mich mit meinem Notebook in die hinterste Stelle unseres Reihenhausgartens, in die Weidenlaube zurück. Doch auf dem Weg dorthin, kurz vor der Laube, fiel mir etwas ins Auge. Auf dem Stauden-Hochbeet blühen an schattiger Stelle Salomonssiegel (Polygonatum biflorum) und zu seinen Füßen Waldmeister (Galium odoratum). Beide, die Glöckchen ähnlichen, wie an einer Schnur jeweils zu zweit aufgehängten Blüten des Salomonssiegels und die winzigen, sternförmigen Blüten des Waldmeisters bringen Licht in diesen schattigen Teil des Gartens.

Vor zwanzig Jahren hatte ich unseren Reihenhausgarten neu gestaltet. Für mein kleines Erdgewächshaus und den Treppenabgang dorthin hob ich eine Grube von 4 x 3 Metern und 1 Meter Tiefe aus. Wohin mit diesen Erdmassen? Ich ließ mir 8,5 Tonnen Nagelfluhsteine anliefern. Damit baute ich Trockenmauern, die zwei große erhöhte Staudenbeete einfassen. Darin brachte ich den gesamten Aushub des Erdgewächshauses unter. Das hintere Staudenbeet ist etwa 80 Zentimeter hoch. So betrachten wir die Blütenstände der hohen Stauden in Augenhöhe, einem ganz anderen Blickwinkel als im Wald oder auf einem ebenen Staudenbeet. Hinter unserer Gartengrenze befinden sich ein zweistöckiges Wohnhaus und einige hohe Sträucher, die Schatten in unseren Garten werfen. Auch von Süden her fällt Schatten auf dieses Beet. Nur morgens bekommt es einige Stunden lang Sonne. Die Erde auf diesem Beet ist ziemlich trocken, doch die Stauden gedeihen hervorragend. Außer Salomonssiegel und Waldmeister wachsen dort unter anderem Herbstanemonen (Anemone hupehensis) und eine üppige Staudenclematis mit Namen ‘Cassandra’, deren Blüten im Sommer den hinteren Gartenteil mit ihrem betörenden Duft erfüllen.

Doch zurück zum Salomonssiegel und dem Waldmeister. Von beiden hatten wir nur ein oder zwei Exemplare gepflanzt. Einige Jahre lang gediehen sie nur spärlich. Doch in letzter Zeit haben sie ein üppiges Wachstum entwickelt. Ich werde wohl nach der Blüte einen Teil davon abzwacken und in den Kreativgarten unter die Hasel und Fliederbüsche pflanzen. In deren waldrandartiger Umgebung müssen sie auch sehr gut gedeihen – und mit ihren weißen Blüten Licht in den Schatten bringen.

Wolfram Franke
aus Vaterstetten Handfeste Gartenarbeit und Schreiben, sowohl mit grüner Tinte als auch mit dem Computer, gehören für Wolfram Franke zusammen. Seinen seit 1994 gewachsenen Kreativgarten in Vaterstetten hat er mit alten Baustoffen gestaltet.
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Text und Fotos: Wolfram Franke