Frühling?

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Was für ein scheußlicher März! Wo wir doch alle sehnsüchtig auf Sonne und Wärme warten. Vor allem in diesen lausigen Corona-Zeiten! Die Gründe für saukaltes Wetter in Mitteleuropa sind immer die gleichen: Ein Hochdruckgebiet (rechtsdrehend) westlich von Irland oder über den Britischen Inseln, ein Tiefdruckgebiet (linksdrehend) im Osten über Polen oder der Ukraine. Beide pumpen mit vereinten Kräften polare Kaltluft in unsere Gefilde. Solch eine Konstellation von Hoch und Tief kann es in jeder Jahreszeit geben. So sind die Eisheiligen darauf zurück zu führen genauso wie die Schafskälte. Mit Sicherheit haben wir auch die ersten Nachtfröste im September dieser Wetterlage zu verdanken.

Wo aber müssen denn die Tiefs und Hochs liegen, damit es endlich richtig Frühling wird? Am besten wäre ein Tief über den Britischen Inseln und ein Hoch über dem Balkan. Sie würden durch ihre Drehungen bei dieser Konstellation Warmluft aus Nordafrika via Spanien zu uns pumpen.

Nun gibt es zwischen diesen beiden Extremen alle möglichen Wetterlagen. Und unser Klima zeichnet sich ja besonders dadurch aus, dass es kaum mal länger andauernde Phasen gibt. Mein Vater sagte immer: Bei uns kommt der Winter von Dezember bis März siebenmal, in sieben Schüben. Bemerkenswert ist, wie unsere Vorfrühlingsblüher das alles aushalten. Raus aus der Kälte, rein in die Kälte, bedeckt mit Schnee, dann wieder praller Sonnenschein. Pflanzen aus den Polargebieten und den Hochgebirgen könnten hier nicht leben. Beim ersten bisschen Wärme würden sie austreiben und kurz darauf erfrieren.


Aber zurück zur derzeitigen Witterung. Die Meteorologen prophezeien ein nachwinterliches Wetter bis Ende März. Tief und Hoch haben sich festgefahren. Hoffen wir, dass sich die Wetterfrösche irren. Doch ist die Situation wirklich ungewöhnlich? Ich habe in alten Berichten aus Jamlitz und Eresing geblättert. Am 21. März 2009 schrieb ich: »Das Jahr 2008 war ja ungewöhnlich niederschlagsreich, und der Winter wartete mit Minimumtemperaturen von -21°C auf. Der Stand der Dinge: Dieses Jahr hinkt die Entwicklung deutlich hinterher, noch blühen die Schneeglöckchen, wir haben erst Vorfrühling.« Schlimmer am 14. April 2013: »Das war der kälteste März seit Beginn der systematischen Aufzeichnungen. Er war nicht nur kalt, sondern auch ausgesprochen dunkel. .......Heute am 14. April – wir haben den ersten richtig warmen Tag – beenden Leucojum und Galanthus ihre Blüte.« Und weiter steht in dem Bericht, wie dicht gedrängt nun alles zu sprießen und sich zu entfalten beginnt. Noch blüht Jasminum nudiflorum und schon entfalten die Kaiserkronen ihre Blüten!

Eine gleichmäßige Entwicklung des Frühlings existiert wohl nur im statistischen Mittel. Je nach Jahr und je nach Landschaft überraschen uns die Abweichungen, Verfrühungen wie Verspätungen. Dass in Jamlitz in diesem Winter, und zwar erst am 15. Februar, die Freiland-Rosmarine erfroren sind, das ist eine Gemeinheit und gibt den Klima-Skeptikern wieder mal Wasser auf ihre Mühlen. -20°C haben die Leute hier gemessen. 10 Tage später zeigten die Thermometer +20°C. Danach ging es wieder nach unten. Dank des Klimawandels muss man wirklich mit allen Möglichkeiten und Unmöglichkeiten rechnen. Vor allem müssen wir mit mediterranen Pflanzen nach wie vor sehr vorsichtig sein.



Christian Seiffert
aus Jamlitz und Eresing Seit 2001 experimentiert Christian Seiffert parallel in zwei geographisch weit auseinanderliegenden Gärten: in Oberbayern und in der Niederlausitz, im Land Brandenburg.
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Text und Fotos: Christian Seiffert