Ruhe im Grünen:
Auch ein Grab ist ein kleiner Garten –
und kann so bewirtschaftet werden

Ob es um die eigene letzte Ruhestätte geht oder um die von Angehörigen: wie ein Grab gestaltet werden kann, darf und soll ist oft schwierig zu entscheiden. Pflegelicht sollte es sein, aber nicht seelenlos. Besonders und würdevoll wird oft teuer und sich selbst zu kümmern, kostet viel Zeit – oder man muss in Kauf nehmen, dass das Grab nicht immer top in Form ist. Dann beschwert sich vielleicht die Verwandtschaft oder in kleinen Orten wird man zum Nachbarschaftsgespräch. Gerade jetzt im Herbst, wenn die Totentage des Novembers sich näheren, werden viele aktiv, jäten, stutzen, harken, pflanzen ein bisschen Wintergrün und decken Rest mit Koniferenzweigen ab. Lieber so als womöglich ungepflegt. Das muss nicht sein. Es ist eigentlich sogar jammerschade.



Friedhöfe sind oft wie kleine Naturschutzgebiete ohne als solche ausgewiesen

Efeuranken, Mauern und Bäume bilden ein engverzahntes Mosaik aus Kleinstlebensräumen, deswegen sind Friedhöfe ein perfekter Rückzugsraum für sehr viele verschiedene Tieren, auch für seltene, geschützte, bedrohte Arten. Wegen der dichten Bepflanzung mit Bäumen, Büschen und Grabblumen sind sie wie grüne Oasen, übernehmen sie als Ausgleich zu Beton und Asphalt wichtige klimatische und ökologische Funktionen, kühlen die Luft, filtern Feinstaub, speichern CO2 und produzieren Sauerstoff und lassen Regenwasser in den Boden sickern. Und weil hier – aus Pietät – keiner rennt und tobt und Hunde und Radfahrer und Autos oft draußen bleiben müssen, sind Friedhöfe ein perfekter Rückzugsraum für Tiere und Pflanzen. Auch weil hier Nachts Ruhe herrscht – und weil es dunkel ist. Lichtverschmutzung – die überall sonst vor allem die Insektenwelt empfindlich dabei stört zu jagen, zu fressen, sich fortzupflanzen und zu ruhen – gibt es hier nicht.

Die ökologische Bedeutung ist von Friedhof zu Friedhof verschieden, je nach Größe, Lage, Alter. Aber bei der Grabbepflanzung hat es jeder Nutzer und jede Nutzerin in der Hand, einen Beitrag für das ökologische Refugium zu leisten.

Viele Gräber sind so bepflanzt, wie es üblich war und oft noch ist: Ein Rahmen aus immergrünen Kleinsträuchern, eine größere Konifere oder ein rotlaubiger Ahorn als Blickfang neben dem Grabmal und je nachdem wie viel Platz ist, die jahreszeitliche Wechselbepflanzung aus dem Gartencenter: Stiefmütterchen, Primeln, Begonien, Heidekraut, je nach Größe des Grabs zu Formen und Figuren angeordnet; kreuzweise,als Ying und Yang oder als Figur, die etwas mit dem Leben des Toten zu tun hatte: ein Fußball oder eine Hundesilhouette. Dazu eine Steckvase aus Kunststoff und ein Grablicht, fertig ist der Friedhofslook.

Für Insekten sind solche Gräber meist nicht viel mehr wert als solche, die mit Kunstrasen bedeckt sind, mit Rindenmulch, Schotter oder glatt polierten Marmorplatten. Auch die gibt es ja. Genauso wie es Gräber gibt, die mit Brombeeren, Knopfkraut und verblühten Disteln eher verwahrlost und trostlos aussehen – auch wenn so etwas die Tierwelt mehr freut als einfach nur Kies.

Aber: ein Grab kann schön und gepflegt aussehen und gleichzeitig eine von Hummeln, Bienen und Schmetterlingen umschwärmte Oase sein kann. Von Schneeglöckchen bis Herbstaster, von Akelei bis Zitronenthymian gibt es rund ums Jahr viele Möglichkeiten. Auch Frauenmantel und Lavendel eigenen sich wunderbar, oder man kann die Fläche dicht mit Mauerpfeffer, Fetthenne und Hauswurz bepflanzen. Sogar Edelweiß und Enzian wachsen auf Gräbern. Viele typische Friedhofs- und Symbolpflanzen stehen auch in den Listen der Pflanzen mit hohem Wert für die heimische Tierwelt.

Ökologie und Pietät schließen sich nicht aus

Akelei zum Beispiel symbolisiert die Demut vor dem Tod – und ist damals wie heute äußerst beliebt bei Hummeln. Und ein sehr pflegeleichtes Pflänzchen: Sie sät sich immer wieder von alleine aus, wenn man sie blühen und reifen lässt. Oder Borretsch: ist so blau wie der Mantel der Mantel von Jesus Mutter Maria – und Wildbienenliebling. Gänseblümchen sind ein Symbol für die Liebe – und ein beständiger und bescheidener fast Dauerblüher. Krokusse, Schneeglöckchen und all die anderen Frühblüher stehen für Geduld, Hoffnung und Liebe. Für die Natur sind sie wertvolle frühe Pollenlieferanten, die Samen ernähren später die Ameisen. Klee steht für Glück und Lebendigkeit – alle Arten bieten Nektar, Pollen und auch süße Pflanzenkost an Blättern und Blüten; mit ihren Knöllchenbakterien in den Wurzeln Stickstoffsammler und damit Gründünger.
Maiglöckchen gelten für Reinheit und Erinnerung – und ziehen ein Ausläufergeflecht durch den Boden von dem aus sie malerisch verteilt grüne Stängel mit zarten weißen Glöckchen treiben. Mohn symbolisiert den ewigen Schlaf, steht für sanfte Ruhe und gute Träume und alle Arten, ob Klatschmohn, Saatmohn, Islandmohn oder Goldmohn, bieten Nektar und vor allen Samen, sie kommen, einmal gesät, immer wieder, dort, wo sie offene Stellen zum Keimen finden. Rosen: stehen für Liebe und für Schmerz – besonders ungefüllte Sorten bieten vielen Tieren Nektar und Pollen und später dann auch Hagebutten. Auch Rosenblätter sind für Insekten gutes Futter. All das sieht sogar im Winter gut aus: die abgeblühten Stängel sind mit Raureif überzogen und wirken mit einer kleinen Schneehaube sehr dekorativ. Pflegeleicht ist ein solches naturnah gestaltetes Grab übrigens auch. Die heimischen Pflanzen sind robust und müssen selten gegossen werden.

Bei allem Sinn für den Naturschutz ist der eigentliche Zweck eines Friedhofs die Ruhe der Toten. Den Hinterbliebenen dient er als Ort des Gedenkens. Die Gestaltung der Gräber ist deshalb Privatsache und sie sollte es auch bleiben. Der eine mag bunte Kräuter, der andere Begonien, der eine Bodendecker, der andere blanken Marmor. Die Mischung macht's, für die Optik und für die Tiere auch. Auf Schottergräbern zum Beispiel sonnen sich gerne Eidechsen und Spinnen, sie brauchen aber die Wildkräuter auf dem Grab daneben, das sie als Versteck und Nistplatz nutzen, und um Käfer, Würmer und Spinnen zu fangen. Und nachts kriechen sie in die Lücken zwischen Marmorplatte und Erde in ihr Schlafversteck. Jede Bestattungskultur und andere als die westlich-christlich geprägt Religion hat auch noch ihre typische Art, Gräber zu gestalten. Auch die bieten weitere Mosaiksteinchen für diese bunte Mischung. Mit allem zusammen wirkt so ein Friedhof so lebendig und vielfältig wie es die Menschen sind. Warum sollte es im Tod anders sein? Die bunte Vielfalt im grünen Rahmen macht den Friedhof zu einem Ort, in dem sich Tiere auf jeden Fall gerne niederlassen. Und Seelen sicher auch.




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