Dianthus: Nelkenfreuden
Ein heißer Junitag in den 50er Jahren, noch sind die Wiesen nicht geschnitten, das Gefleckte Knabenkraut blüht und eine Duftkostbarkeit: Die Prachtnelke, Dianthus superbus. Leider existiert diese Wiese nicht mehr. Der regelmäßige Schnitt lohnte kaum noch, weil sich die Erlen ausbreiteten und immer höher wurden. Knabenkräuter und Nelken verschwanden.
Die Kindheitserinnerung an den köstlichen Duft dieser feinfiedrigen Nelke regte mich dazu an, einen Versuch damit im oberbayerischen Garten zu machen, unter völlig anderen Boden- und Klimaverhältnissen. Und da zeigte sich, wie anpassungsfähig diese Nelke ist. Humoser, kalkiger Lehmboden, darunter Kies hier, und dort bei den Feuchtwiesen stark zersetzter nasser Torfboden mit entsprechend niedrigem pH-Wert. Die Prachtnelken gedeihen auch in 600 m Höhe prächtig!
Sie samen sich ständig neu aus, besonders gut keimen sie auf dem Kiesweg, eine Erscheinung, die man bei vielen Pflanzen beobachten kann. Die Blütenfarben variieren von Weiß bis Rosa oder Grünlich. Als duftmäßig besonders interessant hat sich eine Nachbarschaft mit dem Frauenmantel herausgestellt. Der duftet intensiv und schwer nach Honig, die Prachtnelke dagegen lieblich-würzig und frisch.
Ein gewaltiger Kontrast und doch gewisse Ähnlichkeiten
Für den Garten in Jamlitz/Brandenburg erhielt ich von Dieter Gaissmayer Dianthus arenarius, die Sandnelke. In der Literatur findet man, dass diese Nelke in Brandenburg und Mecklenburg wild wächst. Ich habe also vermutlich Eulen nach Athen gebracht. Nur, sie sind mir dort noch nie begegnet. Die Sandnelke hat wie die Prachtnelke stark gefiederte, jedoch rein weiße Blüten. Die Polster sind feinblättrig, die Blütenstiele nicht all zu lang. Und die Sandnelken duften typisch nelkig: angenehm würzig und frisch. Sie stehen in einem nur leicht humosen, und oft sehr trockenem Sand. Wachstum und reiche Blüte zeigen, dass sie sich trotz dieser widrigen Bedingungen ausgesprochen wohl fühlen.
Und noch eine Nelke in Rot für Sandboden
Noch hemmungsloser wächst und versamt sich die Heidenelke, Dianthus deltoides. Vor 2 Jahren gepflanzt, nimmt diese in verschiedenen Rottönen blühende Nelke einen halben Quadratmeter Platz ein und taucht an weiteren Stellen im Garten auf. Ihr einziger Makel: Sie duftet nicht. Vielleicht aber findet jemand doch ein duftendes Exemplar und vermehrt es!
Dianthus deltoides kann man in der Brandenburger Natur an trockenen Waldrändern finden. Da sie dort aber von Schafschwingel, Sandglöckchen und anderen Kräutern bedrängt werden, bilden sie keine große Horste wie im offenen Gartenboden, sondern stehen locker und einzeln.
Feder- und Pfingstnelken, eine unendliche Geschichte
Die Geschichte begann so: Ich erwarb im Sichtungsgarten Weihenstephan ein paar Samen von verschiedenen Nelkenhorsten. Die Samen keimten schnell und bald hatten wir im damals noch sonnigen bayerischen Garten eine Menge interessanter Feder- und Pfingst-Nelken. Der Unterschied zwischen beiden Arten ist schwer zu beschreiben, zumal sie sich auch miteinander kreuzen. Die Pfingstnelken, Dianthus gratianopolitanus, bilden besonders dichte Polster und haben meist nur einblütige Stiele. Die Federnelken, Dianthus plumarius, bilden bis zu 5 Blüten an einem Stiel. Dazwischen liegen die Naturhybriden beider Arten.
Als nach 15 Jahren der bayerische Garten durch die Gehölze immer dunkler wurde, hatten die Nelken keine rechte Freude mehr, sie kümmerten oder gaben das Blühen auf. Daraufhin machte ich Stecklinge und transferierte die in den Brandenburger Garten. Was sich dann im Laufe von 3 Jahren dort tat, kann sich sehen lassen.
Feder-Nelken lieben Sand und Sonne!
Die Stecklingsvarianten bildeten bald große Horste und zeigten im sonnigen Sand eigentlich erst richtig, was in ihnen steckt. Aber es tauchten auch wieder neue Varianten auf, von rein weißen, einfach blühenden Formen bis zu gefransten rosa Formen mit rotem Auge.
Nicht beteiligt an diesen wilden Kreuzungen hat sich die alte weiße und gefüllte Federnelke 'Albus Plenus'. Im englischen Sprachraum wird sie 'White Lady' genannt. Von uns erhalten Sie die weißgefüllte Sorte 'Maischnee', welche eine Verbesserung von 'Albus Plenus' ist. Sie wird von uns immer wieder durch Stecklinge vermehrt und gern zur Einfassung von Beetstaudenbereichen verwendet. Ihr Duft ist intensiv gewürznelkenhaft. In den ersten Juniwochen wetteiferten die „White Ladies“ mit der 'Rose de Resht'. Aber nicht nur duftmäßig, es sah auch bezaubernd aus!