Ziertabake aus der Gattung Nicotiana

Begegnungen

Manchmal wächst man einfach mit einer Pflanze auf. So war Nicotiana alata im großelterlichen Garten eine Selbstverständlichkeit. Allerdings kann ich mich nicht entsinnen, dass der Großvater diesen Tabak vorkultiviert hätte. Wahrscheinlich fiel der reichliche Samen auf den Boden, überwinterte und keimte, wenn es warm genug war. Als optische Schönheit habe ich diesen Tabak nie empfunden. Denn während des Tages hingen die Blüten zusammengefaltet nach unten. Aber wenn sie blühten, ab der abendlichen Dämmerung, dann verbreiteten sie einen schweren, süßen und sehr angenehmen Duft.

Erst viel später, wohl im Freudenbergschen Schaugarten in Weinheim sah ich zum ersten Mal Nicotiana sylvestris, eine Art, die mich sehr an den Tabak erinnerte, der feldmäßig für die Zigarettenindustrie angebaut wird. Es ist komisch: an manche Pflanzen muss man sich erst gewöhnen, muss sie kennen lernen, um sie lieben zu können. Auch in der Botanik ist die Liebe auf den ersten Blick eine Rarität.

Nicotiana sylvestris, übersetzt der Waldtabak, hat seine Blüten durchgehend, 24 Stunden geöffnet. Das ist positiv zu bewerten. Der Duft allerdings ist auch bei ihm auf die Dämmerungs- und Nachtstunden beschränkt. Er reicht dann weit und lockt große Nachtschwärmer an. Die Duftqualität entspricht fast der von Nicotiana alata. Tabake sind also Pflanzen für lange und warme Sommerabende. Dann sind sie nämlich auch Restlichtverstärker, d.h. ihre weißen Blüten treten bei Dämmerung und Mondenschein in aller Pracht hervor.

Zum Namen der Gattung

Sie heißt natürlich nicht Nicotiana, weil der Tabak Nicotin enthält, sondern umgekehrt: Man hat diesen höllischen Giftstoff nach der Gattung benannt. Und der Gattungsname leitet sich ab von einem Monsieur Jean Nicot de Villemain. Der lebte von 1530 bis 1600 und war französischer Gesandter in Lissabon. Im Jahre 1560 schickte er von dort seiner Königin Katharina von Medici ein paar Tabakblätter als Heilmittel(!). Deshalb wurde die Pflanze in Frankreich auch „herbe a la reine“ genannt, deutsch „Königinkraut“.

...und zu ihrer Herkunft

Der Tabak kommt aber nicht aus Lissabon, sondern aus Südamerika. Nicotiana alata aus Paraguay und Uruguay, Nicotiana sylvestris stammt aus Argentinien. Im Grenzbereich zu Peru hat sich diese Art vermutlich mit Nicotiana tomentosiformis gekreuzt und was daraus entstand, war Nicotiana tabacum mit einem doppelten Chromosomensatz. So, wird vermutet, entstand der echte Rauchtabak. Die Tabake sind übrigens Nachtschattengewächse, mit Tomaten und Kartoffeln verwandt, näher allerdings mit Datura und Petunien.

Gartenerfahrungen

Wenn man eine Pflanze vom „Waldtabak“ im Wintergarten hat, und die sich aussamen konnte, so hat man im Herbst tausende von Pflänzchen, die im Mai, zur Auspflanzzeit bereits einen riesigen Vorsprung haben. Noch gewaltiger ist der Vorsprung, wenn man im Herbst die Wurzeln vom Waldtabak ausgräbt und sie frostfrei und nicht zu nass überwintert. Sie können dann ab Mai wieder ins Freie. Der Waldtabak wird, wenn man ihn gut düngt, 2 m hoch nimmt in der Breite etwa 0.8 m ein. Das muss man bedenken, wenn man ihn z.B. mit Beetstauden zusammen auspflanzt. Ich habe das bei Neupflanzungen gemacht, die Stauden weit auseinander, damit sie in den nächsten Jahren Platz für Zuwachs haben. Dazwischen also Nicotiana sylvestris. Die Blüte begann 2003 bereits Anfang Juni und zog sich bis Ende Oktober hin. Allerdings mit einem Trick. Man muss den abgeblühten Haupttrieb ausbrechen. Dann bauen sich seitliche Triebe auf und setzen die Blüte fort.

Noch ein Wort zu niedrigen, tagblühenden Nicotiana-Hybriden

In Samengeschäften werden verschiedenfarbige tagblühende Nicotiana x sanderae angeboten, die von rot über rosa bis weiß und grünlich blühen. Das sind Pflanzen für bunte Sommerblumenbeete. Aber sie duften nicht. In einem neuen Katalog von Thompson & Morgan fand ich aber nun Nicotiana x sanderae „Eau de Cologne Mixt“ eine Farbmischen mit herrlichem Abendduft, so steht’s geschrieben! Aber ich bin der Meinung, dass Nachtdufter vor allem weiß blühen müssen. Und da gibt es, wenn man Glück hat die N. alata-Auslese „Grandiflora“ oder, wieder ein T&M-Angebot: Nicotana x sanderae „Fragrant Cloud“. Aber man muss nicht jedes Jahr Samen kaufen, auch diese Sorten sind im Grunde Stauden, deren Wurzeln wir frostfrei überwintern können.


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Carl E Lewis, CC-BY 2.0: Nicotiana_alata1By_Carl_E_Lewis.jpg
Karelj, Prag 2013, CC-BY-SA 3.0: Nicotiana_sylvestris_Prague_2013_2.jpg
Hedwig Storch, CC-BY-SA 3.0: Ziertabak.jpg