Paeonia - Die Milchblumige
Päonien, bzw. Pfingstrosen gehören zu den ältesten Gartenpflanzen - kein Wunder, ihre Blüten zählen schließlich zu den größten im Staudenreich. Der Gattungsname lässt sich am wahrscheinlichsten von dem antiken Gott Paion herleiten. Er heilte Götter, Halbgötter und Menschen der griechischen Mythologie. Die nach ihm benannte Pflanze Paeonia wurde vor ihrer Karriere als begehrte Zierpflanze zu Heilzwecken eingesetzt. Man nahm an, dass man mit ihr Wahnsinn, Epilepsie sowie Frauenleiden kurieren könne.
Die wichtigste europäische Päonienart, Paeonia officinalis, die Bauern-Pfingstrose, stand hinsichtlich ihrer botanischen Benennung noch in der Tradition eine Heilpflanze zu sein. Das »Offizin« war in der Antike und dem Mittelalter der Raum in dem Arzneimittel hergestellt wurden. Dort bewahrte man selbstverständlich alle Zutaten dazu auf - mit Sicherheit auch Wurzeln, Samen oder Pflanzenteile von Paeonia officinalis. Man könnte sie also auch als »Apotheker-Pfingstrose« bezeichnen. Das Epitheton officinalis ist übrigens in der Pflanzenbenennung weit verbreitet und verweist stets auf den Einsatz einer Pflanze als Heilkraut - zur Zeit seiner Benennung und in einigen Fällen auch heute noch.
Verwandtschaft aus China
Die europäischen Päonien bekamen im ausgehenden 18. Jahrhundert Gesellschaft von Arten ihrer Gattung, die aus China eingeführt wurden. Im Deutschen wird die wichtigste fernöstliche Stauden-Pfingstrose heute noch als »Chinesische Päonie« bezeichnet, auch wenn der Begriff »Edel-Pfingstrose« ebenfalls weit verbreitet ist. Der botanische Name der Chinesischen Päonie lautete eine Zeit lang ebenfalls Paeonia chinensis bzw. Paeonia sinensis. Oft wurde das »ch« des Wortstamms »China« zu einem »s« verwandelt - am bekanntesten ist das bei dem Obstnamen »Apfelsine«, die als frühe ostasiatische Kreuzung von Mandarine und Pampelmuse zum »Apfel aus China« avancierte.
Hauchzarte Blütenfarben
Die exotische Päonie, die sich längst in alle traditionelle Gärten einfügt aber trägt den heute gültigen botanischen Namen Paeonia lactiflora - er wurde eher für diese Pflanzenart gefunden und hat daher Vorrang. Und der lässt sich hinreißend übersetzen in »Die milchblumige Pfingstrose«. Kein Zweifel, dass ihre Ausgangsformen milchweiß bis zartrosé blühten - dunkle Sorten sind vornehmlich durch einkreuzen roter europäischer Arten wie Paeonia peregrina oder Paeonia officinalis entstanden.
Personenkult inbegriffen
Da Päonien sehr langlebig sind und das Kreieren neuer Sorten langwierig ist, haben sich vorzügliche Züchtungen aus den letzten beiden Jahrhunderten bis heute erhalten. Dem Charme des Artnamens erfüllen freilich die zartfarbenen Sorten am besten. Die Namen der ersten in Frankreich entstandenen Sorten lesen sich wie Erinnerungen an die Belle Epoche - unweigerlich denkt man an alte Tagebücher und Briefe oder Salons und Boudoirs mondäner Damen von Welt und Halbwelt. Hier finden sich Schauspielerinnen wie 'Sarah Bernhardt', Adelige wie 'Duchesse de Nemours' oder wie so oft Angehörige eines Päonienzüchters wie 'Noemie Demay'. In England wurde ein Mitglied des Königshauses 'Lady Alexandra Duff' geehrt, die sich humanitär engagierte.
Sprachenspielereien
Da die französische Sprache einen wunderbaren, schmeichelnden Klang hat, der so ausgezeichnet gerade zu den Päonien passt, sind Namen wie 'Immaculée' absolute Volltreffer um ihre Eigenschaften zu beschreiben. Die »Unbefleckte« schimmert aufgeblüht in einem makellosen Sahneweiß. Aber auch die Amerikaner tauften ihre Sorten mit treffenden Namen. 'Gay Paree' etwa ist eine Verballhornung eines Ausdrucks von »Fröhlichem Paris« im Amerkanischen - die weißlich rosa-rosarot schillernde Blüte macht klar, warum sie den Namen verdient.
Eine prominente Heldin der amerikanischen Literatur und des Filmes war ebenfalls Patin einer Päoniensorte - die Rede ist von 'Scarlett o'Hara'. Sie kam sicher zu ihrem Namen, weil ihr vitales Rot unschlagbar leuchtet und sie ebenso unverwüstlich ist wie die kapriziöse Schönheit des Südstaaten-Dramas »Vom Winde verweht«. Wie sehr hebt sich die liebliche weiß-zartrosa 'Shirley Temple' davon ab, die sich trotz ihrer Opulenz den süßen Nimbus eines niedlichen Kinderstars bewahrt hat.
Päonien-Namen können den Blumenfreund in eine verträumte Stimmung versetzen. Unvergleichlich in Namen und Blüte ist etwa 'Claire de Lune' (»Mondenschein«) mit ihren sanft cremegelben Blütenblättern, die einer kaum machbaren Kreuzung von Paeonia mlokosewitschii und Paeonia lactiflora 'Monsieur Jules Elie' entsprungen ist. Aber es geht auch pragmatischer und appellativer. Natürlich stammt ein solcher Name aus den USA; er gehört einer zartrosa Sorte: 'Do Tell'! Und das heißt nichts anderes als »Sag an!« oder »Raus damit!«. Die leichte Farbe wird sicher nicht der Grund dafür gewesen sein, vielleicht bezieht sich der Name auf die ausgezeichnete Wüchsigkeit und den Blütenreichtum von 'Do Tell'. In jedem Fall ist sie ein echtes »Statement«... hmm... das wäre auch ein guter Name für eine Päonie... oder nicht?
In unserer "Päonien-Fibel" finden sich übrigens zu den verschiedensten Pfingstrosen noch sehr viel mehr Informationen, Anekdoten und Pflegetipps.