Duftende Phloxe

Karl Foerster bezeichnete Phlox als den »Duft- und Farbenherrscher des Hoch- und Spätsommergartens«. Für viele ist der würzige Phloxduft neben dem Rosenduft der Sommerduft schlechthin. Wenn es um die Düfte der Flammenblumen geht, dann gerät auch der Phlox-Spezialist Hermann Fuchs ins Schwärmen: Allein rund 85 Arten und Unterarten, so Fuchs, übten sich darin, ihrem Dufthauch eine Fliedernote zu geben, aber auch »Geißblatt« ist vertreten und Duftnuancen von süß bis streng. Mit anderen Worten: Man findet alle nur denkbaren Düfte bei dieser Gattung.

Dennoch wird Phlox als Duftpflanze immer noch unterschätzt. Das könnte daran liegen, dass Phlox bereits auf kleinste Veränderungen von Klima und Standort reagiert und sein Duftverhalten ändert. Selbst die Wetterbedingungen im Sommer beeinflussen den Phloxduft.

Die Duftintensität der einzelnen Phlox-Arten und -Sorten ist sehr unterschiedlich. In Illertissen sammeln wir seit Jahren Hohe Sommer-Phloxe, um sie auf Vitalität und Ästhetik hin zu selektieren, Sortenechtheit zu überprüfen, aber auch, um Erkenntnisse über die Duftintensität der einzelnen Arten und Sorten zu gewinnen. Auch wenn wir diese Arbeit längst nicht abgeschlossen haben, lassen sich einige Aussagen treffen: Es bestätigt sich, dass die Duftintensität – insbesondere von Phlox paniculata-Sorten – recht unterschiedlich ist und von nicht duftend bis sehr stark duftend reicht. Duftende Sorten haben zumeist den typischen, etwas herben Phloxduft, der sich als curry- oder liebstöckelartig charakterisieren lässt. Diesen Duft, aus der Nähe gerochen, empfinden nicht alle Menschen als angenehm, während er mit größerem Abstand als viel angenehmer wahrgenommen wird.

Es gibt auch andere, sehr feine und köstliche Duftnuancen. Relativ selten sind frische, etwas zitrusartigen Düfte. Auch Duftassoziationen mit Rose, Lilie, Veilchen, Nelke, Honig und Frangipani stellen sich bei einigen Phlox-Sorten ein. Duft ist vor allem von der Aufblühphase bis zur Hochblüte zu erwarten. In der Abblühphase und wohl auch schon nach der Befruchtung hört Phlox auf zu duften. Ob sterile Sorten gar nicht oder immer duften, ist uns bislang noch nicht klar. Auch bei ihrer Duftentfaltung reagieren Phloxe sehr sensibel auf Veränderungen, und so gibt es jedes Jahr neue Duftüberraschungen.

Mit ihrem Duft wenden sich Phloxe an Schmetterlinge, Falter, Schwärmer oder Hummeln, denn sie brauchen mit ihren Tubenblüten diese als Befruchter. Ein Phloxgarten wird also immer auch ein Magnet für Schmetterlinge, Nachtfalter und Hummeln sein.

Weit verbreitet ist die Auffassung, dass Phlox in den Abendstunden besonders stark duftet. Das können wir nicht uneingeschränkt bestätigen. Vielmehr scheint die Duftintensität und auch die Duftnote vor allem über die Temperatur gesteuert zu werden. Deshalb kann es vorkommen, dass der Phlox bereits an warmen Vormittagen stark duftet und der »Duftvorrat« bis zum Nachmittag bereits aufgebraucht ist. Es hat den Anschein, als würde die »biochemische Abteilung« dem Phlox nur eine begrenzte Duftenergie pro Tag liefern.

Das sollen Wissenschaftler klären. Wir halten es einmal mehr mit Karl Foerster: »Sommer und Leben wären wirklich ärmer ohne diesen Duft spendenden Begleiter von fünfzehn Sommerwochen, er hat so recht einen altväterischen Sommerduft, einen Duft, der uns auf Erden heimisch machen will.« Der Großmeister der Gartenkultur fand immer die rechten Worte. Er selbst liebte Phlox in üppigen Sträußen und schrieb darüber: »Ein Strauß füllt tagelang ein Zimmer mit seiner festlichen Luft, als sei Tragik nur ein schwerer Traum.« Den Hinweis auf die begrenzte Haltbarkeit ließ Karl Foerster nicht gelten: »Ein Konzert dauert auch nicht ewig.«

Dem ist nichts hinzuzufügen.