Wichtig zu wissen: So wird der Garten zum Naturabenteuer
Gärten sind die schönsten Spielplätze der Welt. Geheimverstecke in der Brombeerhecke, Schmetterlinge beobachten, vom Apfelbaum springen oder im Gras liegen und die Wolken beobachten, bis die ersten Tropfen herunterplatschen. Keine Termine und Stundenpläne, keine Touchscreens und Apps, kein pädagogisch wertvolles, didaktisches Konzept. Dafür sinnliche Erfahrungen mit Händen und Füßen, Augen, Ohren, Herz und Verstand. In unserem digitalen Zeitalter ist das besonders wichtig – zwischen Wissen und Kennen, zwischen Lesen und Erleben liegt ein Unterschied wie zwischen Vitamintabletten und einer Handvoll selbstgepflückter Himbeeren.
Umfragen zeigen immer wieder: für viele Kinder und Jugendliche ist Natur schön und schutzbedürftig – aber nichts, zu dem sie eine wirkliche Beziehung haben. Wer von klein auf so auf du und du mit der Natur lebt, wird später keine Scheu vor ihr haben. Sondern sich darin zu Hause fühlen, sie beschützen und versuchen, sie zu erhalten.
Gärten sind nicht nur die schönsten Spielplätze der Welt, sondern auch wie ein kleiner Bastelladen: Viele Kinder lieben Malen, Basteln, Werkeln, es ist wichtig für Fantasie und Feinmotorik – der Garten und die Natur haben Wunderbares zu bieten.
Je nach Jahreszeit zum Beispiel:
Im Frühling können wir mit Blüten puzzeln oder Schmuck, Kränze oder Graspuppen basteln, Blätter pressen und damit alles mögliche verzieren.
Im Sommer können wir mit Pinseln aus Stöcken und Farben aus Schlamm und Erde malen und matschen, Domino mit Steinen spielen und uns mit Blüten tätowieren. Auch Leckereien bietet der eigene Garten, sowie die Grundstoffe für selbstgemachte Kosmetik.
Im Herbst lassen sich Laubkonfetti und »Schnee«kugeln mit Laub und lustige Figuren aus Zapfen herstellen. Aus Fruchtständen von Mohn und Co entstehen Stempel und Bucheckern-Hüllen oder Eichelhütchen füllen wir mit Filzkugeln.
Im Winter machen wir Eisfiguren oder Eislaternen und lassen etwas Schönes aus Stöcken und Steinen entstehen. Wer mit offenen Augen durch den Garten geht staunt, was die kalte Jahreszeit noch alles zu bieten hat.
Basteln mit Naturmaterialien fördert die Kreativität und Fantasie.
Die Kinder entwickeln Ideen zu dem, was gerade da ist. Gleichzeitig sind sie völlig frei, damit zu gestalten, auch weil es natürliche und deshalb preiswerte Materialien sind, müssen sie nicht begrenzt werden.
Oft gibt es beim Basteln im Kindergarten eine Vorlage – und so soll es dann aussehen; darum geht es hier weniger. Es sind Ideen und Anregungen. Die Kinder sollen und wollen selber machen und entdecken, als angeleitet werden. Und wenn sie stundenlang Wollfäden um einen Fichtenzapfen wickeln und zufrieden sind – ist das wunderbar.
Mit der Zeit bekommen die Kinder einen Blick für die Möglichkeiten, das funktioniert ganz wunderbar vor allem, wenn der Garten so gestaltet ist, dass er von sich aus einladend ist. Es gibt eine ganze Menge an Pflanzen, die direkt zum Spielen einladen, ohne dass erst jemand erklärt, wie man Holunderpfeifen schnitzt oder Kastanienmännchen bastelt. Und viele davon sind heimisch und robust und wachsen quasi von alleine. Der Wollziest mit seinen flaumigen Blättern und den wolligen rosa Blütenbällchen etwas ist zum Streicheln und Liebhaben wie gemacht. Borretsch produziert blaue – essbare – Sternchenblüten am laufenden Band, Beinwell trägt passend dazu rosa Glöckchen. Oder die Lampionblumen, unscheinbares Grünzeug bis zum Sommer, dann kommen erst die grünen Früchte, die nach und nach ins Orange wechseln und je nach Witterung zu kleinen Kunstwerken verwittern. Die Früchte der großen Klette lassen sich verbasteln wie Playmais, aus den Früchten des Klettenlabkrauts kleine Ornamente auf die Kleidung zaubern. Und mit Pflanzen, die sich Flugsamen, Streudosen oder Katapulte wachsen lassen, um ihre Samen zu verbreiten, können sich Kinder ohnehin stundenlang beschäftigen, vom Mohn bis zum Springkraut. Mit dem Löwenzahn als Pusteblume sowieso; mit seinen großen und kleinen Geschwister vom Habichtskraut bis zum Bocksbart auch. Ein üppiges Kräuterbeet mit der Erlaubnis zum Riechen, Rupfen und Probieren wird schnell zum Kindermagnet. Zitronenmelisse, verschiedene Minzen, Lavendel, Salbei und Rosmarin sind besonders beliebt.
Allerdings: Einige klare Abmachungen sind sicherlich nötig...
... zum Beispiel, welche Pflanzen für Zauberstäbe und Blütenkränze beerntet werden dürfen und welche nicht. Manche Kinder haben Allergien und viele Pflanzen in unseren Breitengraden sind außerdem giftig. Allerdings sind nur wenige wirklich gefährlich. Verursachen nur ein Brennen im Mund oder leichtes Bauchweh, bei anderen bräuchte es viele Kilogramm Pflanzenmaterial für eine wirksame Dosis. Oder es ist in schwer zugänglicher Form gebunden, so dass die Gefahr eigentlich nur theoretisch besteht. Bei der landläufig als extrem gefährlich geltenden Eibe ist das zum Beispiel so: hauptsächlich die Beeren enthalten das Nervengift Taxin, genauer: die kleinen Kerne, die in der saftig-roten Hülle sitzen. Am Stück verschluckt, passiert nichts, denn das Gift wird nur frei, wenn der Kern zerkaut wird. Dann aber schmeckt er so widerlich bitter, dass kaum jemand ihn herunterbekommt, geschweige denn einen zweiten probieren wird. Mit kleinen Kindern sollten Eltern trainieren, dass diese nichts pflücken oder essen, was ihnen nicht ausdrücklich erlaubt wurde; etwas größere, ab der Grundschule etwa, nur das, was sie sicher als ungiftig kennen. Und für alles andere sollte als oberste Regel gelten: Nur schauen, nicht kauen!
Noch eine letzte Regel:
Im eigenen Garten dürfen Sie ernten was Sie möchten – in der freien Natur ist es grundsätzlich verboten, Tiere oder Pflanzen mit nach Hause zu nehmen. Grundsätzlich gilt überall: Ernten Sie mit Augenmaß. Lieber nach und nach, als zu viel auf einmal, was dann im Biomüll landet. Denn jede Blume, alles Grünzeug, altes Holz oder buntes Laub ist Nahrung oder Lebensraum verschiedener Tiere. Auch wenn man das nicht auf den ersten Blick sieht, es können Schmetterlingseier dranpappen oder Spinne gut versteckt ihr Jagdrevier eingerichtet haben.