Füreinander geschaffen –
Muskateller-Salbei und Blauschwarze Holzbiene

Text: Michael Schwerdtfeger
Fotos: Staudengärtnerei Gaißmayer

Viele finden, er ist nicht nur von stattlicher Schönheit, sondern duftet auch aromatisch und irgendwie interessant. Andere hingegen sagen – meist sind es Frauen – »er riecht nach Schweiß«. Den Mönchen im Mittelalter diente er wohl unter anderem zum Aromatisieren von Wein

Im Insektengarten locken seine großen rosaweißen Blüten, viel größer als die von Wiesen- und Küchensalbei, zuverlässig die größte Biene Mitteleuropas an, denn die Blüten sind perfekt zugeschnitten auf die Blauschwarze Holzbiene (Xylocopa violacea). Nur drei blühende Pflanzen – und es ist nahezu garantiert, dass die eindrucksvollen Holzbienen zu Dauergästen in unserem Garten werden.

Der »Schlagbaum-Mechanismus« der Salbei-Blüten gehört zu den Sahnestückchen der Blütenökologie. Bei der Gattung Salvia sind die beiden Staubblätter – wie bei einem Schlagbaum – in zwei sehr ungleich lange Schenkel aufgeteilt und an einem beweglichen Gelenk gelagert. Steckt ein Bestäuber geeigneter Größe auf der Suche nach Nektar den Kopf in die Kronröhre, drückt er dabei die kurzen Schenkel nach hinten, dadurch senken sich die längeren Schenkel mit den pollentragenden Staubblättern an ihrem Ende auf seinen Rücken herab, um ihm sehr präzise eine Portion Pollen aufzutupfen. Ausgerechnet beim Küchensalbei (Salvia officinalis) funktioniert dieser Mechanismus kaum, umso besser lässt er sich aber bei dem Wiesen-Salbei (Salvia pratensis) demonstrieren – oder eben bei den noch größeren Blüten von Salvia sclarea. Unermüdlich fliegen die Holzbienen von Blüte zu Blüte, stecken zum Nektartrinken den Kopf in die Röhre und lassen sich den Pollen auftupfen – sie recken beim Besuch jeder Blüte sogar noch äußerst niedlich ihren Hinterleib in die Höhe, den Staubblättern entgegen, um möglichst viel von dem kostbaren Blütenstaub mitzunehmen. Das meiste davon wird als proteinreiche Aufbaunahrung für die Larven gesammelt, aber die Anbringung präzise in der Körpermitte sorgt dafür, dass genug Pollen den Putzbeinen entgeht und die nächste Blüte erreicht. Die Beziehung zwischen Holzbienen und Muskateller-Salbei: ein Paradestück gegenseitiger blütenökologischer Anpassung – und bildschön anzusehen!

Aber auch unabhängig davon ist der Muskateller-Salbei eine wunderschöne Art. Auch wenn die Pflanzen nach der Blüte häufig noch einmal austreiben, zieht man sie doch üblicherweise zweijärig: Im Herbst werden vorkultivierte Exemplare im Staudencontainer gepflanzt, oder man sät im Sommer aus, dann bildet sich bis zum nächsten Frühjahr die stattliche, ca. 30 cm große Blattrosette. Im Frühsommer schießt der Blütenstand bis zu Hüfthöhe empor. Die Blüten selbst sind hellrosa, und ihre Fernwirkung wird unterstrichen durch die großen, rosa-grün-weiß geaderten Tragblätter, in deren Achseln sie stehen. Sehr dekorativ ist auch die strahlend weiß blühende Sorte turkestanica 'Vatican White'. Mit und ohne Holzbienen ist Salvia sclarea eine fantastische Gartenpflanze – aber »ohne Holzbienen« wird man einen blühenden Muskateller-Salbei ohnehin kaum sehen.



Michael Schwerdtfeger
Vollblutbiologe Dr. Michael Schwerdtfeger, geboren 1964 im plattdeutschen Flachland zwischen Weser und Lüneburger Heide, träumte er von Sielmann und Grzimek, von Abenteuern mit Pflanzen und Tieren in fremden Ländern.
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Text: Michael Schwerdtfeger
Fotos: Staudengärtnerei Gaißmayer