Rosenblüten bis in den Winter
Ein Beitrag von Wolfram FrankeAuf den vielen Gartenreisen mit Karl Ploberger durch England gab es irgendwann immer eine Pflanze als lebendes Andenken für jeden Mitreisenden. Mehr als 20 Jahre lang begleitete ich die Reisen mit einer Gruppe von kraut&rüben-Leserinnen und Lesern. Vor 16 Jahren schenkte ich meiner Frau eine solche Reise zu unserer Silberhochzeit. Sie reiste mit. Diesmal ging es in die Cotswolds-Region in Mittelengland. Dort besuchten wir unter anderem das Batswood-Arboretum, einen botanischen Garten mit einer einigartigen Sammlung von Gehölzen. Dort sollten wir unser Andenken-Geschenk bekommen. Auf den früheren Reisen handelte es sich meist um eine Staude in einem neuner Topf. Doch diesmal staunten wir nicht schlecht.
Kurz vor unserer Weiterfahrt tuckerte ein Traktor mit zwei großen Anhängern auf den Busparkplatz. Darauf standen Rosen in 2-Liter-Containern mit Trieben von 80 bis 100 Zentimetern Länge. Sie sahen alle sehr gesund und kräftig aus. Doch wie sollten wir die mit nach Hause nehmen? Karl Ploberger hatte sofort eine Lösung parat. Er kaufte im Shop des Arboretums eine Rosenschere, suchte nach der Ankunft am Hotel einen geeigneten Platz hinter dem Haus, dorthin kamen alle Reiseteilnehmer. Er schnitt jede Rose auf ein transportables Maß zurück. Bei rund 100 Mitreisenden hatte er eine Menge zu tun. Doch ich überlegte mir etwas anderes:
Da wir mit zwei Koffern reisten, konnten wir in einem von beiden genügend Platz schaffen, um die Rose in ihrer ganzen Länge zu verstauen, ohne dass sie Schaden nehmen würde. Immerhin zeigte sie bereits zwei Knospen. Die wollten wir unbedingt erhalten. So umhüllten wir sie zunächst mit mehreren Lagen Zeitungspapier. Dann legte ich die Rose flach auf die Längsseite am Fuß des Koffers und bog dann die Triebenden an der Seitenwand vorsichtig nach oben. Rundherum polsterten wir sie mir weichen Kleidungsstücken aus. Schuhe und andere harte Gegenstände packten wir in den anderen Koffer.
So brachten wir unsere Rose wohlbehalten und unversehrt nach Hause. Ich pflanzte sie gleich am ersten Tag nach unserer Heimkehr. Ein sonniger und etwas geschützter Platz, an dem hin und wieder ein mildes Lüftchen weht, erschien mir ideal. Der Name der Rose ist 'Heritage'. Nur wenige Tage nach dem Pflanzen öffnete sie ihre Knospen und erfreute uns mit lieblich duftenden gefüllten Blüten.
'Heritage' ist eine Züchtung des berühmten englischen Rosenzüchters David Austin. Die zunächst kugeligen Blüten sind dicht gefüllt und öffnen sich schalenförmig in einem zarten, seidigen Rosa. Sie verströmen einen intensiven fruchtigen Duft.
Wenn man behauptet, englische Rosen seien empfindlich, so trifft das auf unsere ‘Heritage’ überhaupt nicht zu. Von Juni bis August blüht sie reich und entfaltet auch im Herbst bis in den Winter hinein immer noch die eine oder andere Blüte. Frost macht ihr kaum etwas aus. Immerhin zeigte das Thermometer bei uns in manchen Wintern – 20 °C an.
Im Frühjahr schnitt ich sie in den ersten Jahren stark zurück, damit sie sich an der Basis verzweigt und kräftige Triebe bildet. Später ließ ich die drei stärksten Triebe länger wachsen, so dass die Rose eine Höhe von gut 1,50 m erreichte. Allerdings, so habe ich festgestellt, darf ich diese Triebe nicht zu alt werden lassen, sonst sterben sie ab.
Doch unsere 'Heritage' blüht noch immer. Zur kalten Jahreszeit holt meine Frau eine Knospe kurz vorm Aufblühen ins Haus und stellt sie in eine schmale Vase. Ein liebliches Andenken an unsere Silberhochzeits-Reise vor 16 Jahren.
Text und Fotos: Wolfram Franke