Blumen zu Ehren der Toten – Futter für die Tiere

Wann und warum es genau üblich wurde, Gräber nicht nur zu schaufeln, sondern zu bepflanzen, lässt sich nicht genau sagen. Vielleicht, weil die eingeführten Ruhezeiten den Ort der Bestattung wichtiger machten, als er vorher war, und dann sollte es eben auch gut aussehen. Oder als preiswerte Alternative zu teuren Grabsteinen, Skulpturen und geschnitzten Kreuzen: Der Lebensbaum als Mausoleum des Bürgertums. Und natürlich sollten und konnten die Blumen allerlei Religiöses, Spirituelles oder Symbolisches aussagen. Weiße Blumen wirkten so strahlend jungfräulich wie das ewige Leben. Rot steht bekanntlich für Liebe, Violett schlägt die Brücke zwischen Himmel und Erde, Grün ist ein Zeichen für Leben, das auch nach dem Tod oder nach dem Winter nicht endet. Gelb symbolisiert die Sonne, Rosa zärtliche Verbundenheit aus, Orange Lebensfreude. Auch stark Duftendes wurde gern genommen, um der Seele duftende Flügel zu verleihen – und ganz praktisch damals, als es noch keine Kühlmöglichkeiten gab, um unangenehme Gerüche zu überdecken. Ganze Regelwerke gibt es die Symbolik der Pflanzen.

Letztendlich stehen ja alle Blumen für Schönheit und mit ihrem Kreislauf aus Samen, Keimen, Blühen, Reifen und Verwelken für Wiedergeburt und ewiges Leben. Dies auf dem Friedhof durch die passende Pflanzenwahl und die Gestaltung nachvollziehbar zu machen, ist ein schöner Gedanke. In den Ratgebern zur naturnahen Bepflanzung tauchen viele dieser Pflanzen mit hoher Symbolkraft auch in den Listen der Pflanzen mit hohem Wert für die heimische Tierwelt auf. Da sage noch einer, Ökologie und Pietät schlössen sich aus.

Klimaheldinnen und Reservisten

Idealerweise ist ein Grab immergrün und dauerblühend. Ein regelmäßig neu bepflanztes Grab macht viel Arbeit, Hitze und Trockenheit lassen die üppigsten Stauden verdorren, frisch gesetzte Trockenheitskünstler werden vom dauernassen Herbst dahingerafft.

Damit rund ums Jahr etwas zu sehen ist, brauchen Sie für jede Jahreszeit die passenden Akteure und einen guten Mix aus bodendeckenden Stauden, Solitärpflanzen als Blickfang und Lückenfüllern für den Notfall. Für den Winter braucht es Stauden, die auch verblüht gut aussehen, sogenannte Wintersteher, zum Beispiel Fetthenne oder Färber-Hundskamille, Schafgarbe, Malven, Wilde Karde oder Wilde Möhre.

Auch Gräser eignen sich gut. Diese Pflanzen sehen nicht nur unglaublich malerisch aus, wenn Frost und Schnee sie verzieren. Weil ihre Samenstände stehen bleiben, kommen Vögel auch im Winter Futter finden; in den Stängeln überwintern Insekten und diese sind dann im Frühling am Start, bei der Bestäubung zu helfen und auch um sich gegenseitig in Schach zu halten. Außerdem eignen sich Frühblüher wie Christrosen, Schneeglöckchen, Krokusse oder Winterlinge, die von Dezember bis März nacheinander blühen und wieder Farbe in den Garten bringen. Sie brauchen ein paar auffällige Pflanzen fürs Auge. Da eignen sich die zum Beispiel hohe Katzenminze, Großer Schuppenkopf, hohe Wolfsmilcharten, Disteln, Wiesenknopf oder Wilde Möhre sind einige Beispiele, die traumhaft blühen. Einige dieser Arten sind sogar für manche Wildbienen oder bestimmte Schmetterlinge ein exklusives Futterangebot. Sie brauchen dann noch Bodendecker, die die Reihen geschlossen halten. Zum Beispiel Storchschnabel oder Frauenmantel, Walderdbeere und Glockenblumen.

Wichtig sind auch: Herbstblüher, damit mit dem Sommer nicht auch die Blumenpracht vorbei ist. Allen voran Efeu. Es blüht spät im Herbst, bildet Früchte erst im Winter und bietet somit quasi antizyklisch zum Rest der Natur genau dann Nektar, Pollen und Früchte, wenn sonst kaum noch was blüht und fruchtet. Die Große Fetthennen erleuchtet mit ihren rötlichen Schirmdolden den Herbst, blüht bis in den Oktober oder November reich und dekorativ für Bienen und Schmetterlinge, Schwebfliegen und Hummeln. Die Herbstzeitlose (Colchicum autumnale) mag's feucht und blüht im Herbst, fruchtet noch später und bietet so den Ameisen auch in der kühlen Jahreszeit noch ein reiches Elaiosom-Büffet und wird so immer weiter verteilt. Sie ist sehr giftig. Rosafarbene Glockenblüten sind das Markenzeichen der Schneeheide (Erica carnea). Ab November zeigen sich die ersten Knospen; richtig los geht es dann im Februar. Die frühen Blüten sind vor allem bei den Hummeln beliebt. Wächst im Garten und im Topf.

Und dann gibt es noch die sogenannten »Wintersteher«. Damit sind Pflanzen gemeint, die auch nach der Blütezeit noch schön anzusehen sind und interessante Akzente setzen. Sie sind natürliche Futterspender, voller kleiner Samen für Vögel und andere Tiere, selbst wenn der Rest der Pflanzenwelt in den Winterschlaf fällt. Besonders auffällig sind verschiedene Disteln, sie halten bis tief in die kalte, dunkle Jahreszeit. Aber es gibt noch mehr solcher Schönheiten: Das dekorative, lila blühende Knollen-Brandkraut (Phlomis tuberosa) sieht auch im Winter großartig aus und ist bei Wildbienen und anderen Insekten beliebt. Häufig überwintern Insekten in oder an alten Stängeln. Auch das Herzgespann (Leonurus cardiaca), eine heimische, pflegeleichte Wildpflanze, sollte im Winter stehen bleiben. Zur Blütezeit wird sie sehr gerne von Bienen besucht. Dazwischen immer mal ein paar Einjährige wie Mohn oder Ringelblumen, Margeriten oder Malven. Die fungieret als Samenbank um Lücken auch im späten Sommer noch schnell zu schließen.



Hitzetolerante Pflanzen | Sonnige Stauden

Sonne ist nicht gleich Sonne, und es ist ein Unterschied ob im Sommer ein Baum seine Krone darüber spannt oder eine Mauer auch noch die Abendsonne spiegelt. Aber es gibt eine Reihe von Pflanzen die gut mit jeder Art von Sonne zurecht kommen. Oft haben typische Sonnenanbeter typische Merkmle wie dicke feste oder haarige Blätter oder eine Filzüberzug. Andere Arten tragen ihren Lieblingsstandort im Namen.


Nicht nur Vorgärten, auch Gräber sieht man oft geschottert oder nur mit Rindenmulch, manchmal sogar nur eine Marmorplatte. Einerseits sind es persönliche Vorlieben, andererseits aber auch die Sorge vor zu viel Arbeit und Ärger wegen einem pietätlos verwahrlosten Grab. Bodendecker sind ein guter Kompromiss und vor allem wenn man Dachgartenpflanzen verwendet, ist man ziemlich auf der sicheren Seite. Auch hoch oben kommt niemand regelmäßig vorbei und hegt und hießt und düngt und pflegt Viele Sukkulenten blühen faszinierend, bieten Nektar und Pollen und sehen auch im Winter noch einigermaßen schön aus. Viele Arten sind winterhart und Verluste gleichen sie durch ihr zwar nicht sehr schnelles aber beharrliches Polsterwachstum wieder aus.


Wie in jedem Garten gibt es auch auf jedem Friedhof schattige Plätze, direkt an der Mauer, unter Bäumen, auf der Nordseite. Aber auch hier gibt es eine gute Auswahl an Stauden, die pflegeleicht sind und ein Grab schön schmücken. Schattenpflanzen mögen es oft ein bisschen feuchter.


Kräuter wie Thymian, Salbei oder Currykraut gehören ohnehin zur traditionellen Grabbepflanzung und sind robust und pflegeleicht und wer sie einfach blühen lässt, macht Hummeln, Bienen und Schmetterlingen und vielen anderen Insekten eine riesengroße Freude; und sich selbst auch: denn bis weit in den Herbst hinein blühen sie herrlich umsummt und umschwirrt in Weiß, Rosa, Hellblau, Lila oder Gelb. Vor allem die Minze galt schon in der Antike als blumige Wiedergeburt der Göttin Menthe. Wenn sie auf dem Grab wandern dürfen, sind Minzen als Grabblumen pflegeleicht, lange grün und blühfreudig. Und auch viele andere Pflanzen aus unseren Kräuterbeeten passen gut aufs Grab. 


Um Gräber das ganze Jahr über ansehnlich zu gestalten, braucht man Wintergrün und auch winterblühende Stauden; ebenso können Pflanzen stehen bleiben, die im abgeblühten Zustand noch schön aussehen und dem Grab Struktur verleihen.


Frühblüher kommen ganz von allein ans Licht, wenn der Winter noch gar nicht zu Ende ist. Sie überziehen ganze Parks mit ihrem leuchtenden Farben und sind auch auf einem Grab ein ganz wundervoller Anblick. Wir würden für die Verwendung auf Gräbern hauptsächlich Kleinblumenzwiebeln empfehlen, da bei diesen das Laub meist etwas eher einzieht und durch die geringe Höhe weniger auffällig ist. Wichtig ist nämlich, dass es stehen bleibt, bis sie eingezogen haben. So sammeln sie Kraft und kommen im nächsten Jahr wieder. Die Samenstände sollten ebenfalls stehenbleiben. Ameisen, Vögel und andere Tierchen stehen darauf und tragen so zum Verwildern bei.