Wenn es in Buddhas Fußspuren blüht
Text: Antje Peters-Reimann
Fotos: Angelika Taub
Schon seit über tausend Jahren spielt die Pfingstrose als Zierpflanze in der chinesischen Gartenkunst eine bedeutende Rolle. Sehr früh züchteten die Gärtner dort die Strauch-Pfingstrose (Paeonia × suffruticosa) in verschiedenen Blütenfarben von Weiß über Gelb bis hin zu Schwarzviolett. Zu uns nach Europa gelangten die ersten Exemplare zum Ende des 18. Jahrhunderts. Um neue Sorten dieser sehr begehrten Pflanze zu finden, fuhr der Pflanzensammler Robert Fortune 1834 im Auftrag der Royal Horticultural Society nach China.
In der chinesischen Symbolik kennt man die Päonienblüte als Zeichen für Reinheit und Schönheit, das Vollkommene und Wesentliche. In der gelb blühenden Variante steht sie als Symbol für die Sonne und in der chinesischen Sprache verwendet man den Begriff »huang« sowohl für den Kaiser als auch für die Farbe Gelb. Häufig lassen sich Abbilder von Päonien in buddhistischen Tempeln entdecken. Dies geht auf eine Legende zurück, die besagt, dass die hübsche Blütenpflanze entstand, als die Füße des jugendlichen Buddha den Erdboden berührten. Bereits bevor man sich ihr züchterisch annahm, war die Pfingstrose in den östlichen Kulturen fest verwurzelt und seit über 2.000 Jahren befassen sich Dichter, Musiker und Philosophen mit ihr. Aus dem Kunsthandwerk ist die Pfingstrose ebenfalls nicht wegzudenken, sie schmückt dort zum Beispiel alle Arten von Porzellan und Stoffen. Im Zuge der Begeisterung der Europäer für asiatische Themen hat es die Pfingstrose auch bei uns auf Teller, Tassen und Terrinen geschafft. Denn das weithin bekannte »Zwiebelmuster« auf Porzellanservices besteht nicht etwa aus gemalten Zwiebeln, sondern aus stilisierten Päonien, Granatäpfeln, Bambus und Chrysanthemen
Im Mittelmeerraum war die Pfingstrose bereits in der Antike bekannt – hier jedoch in der Staudenform der Korallen-Pfingstrose (Paeonia mascula) und der Gemeinen Pfingstrose (Paeonia officinalis). Ihren botanischen Namen erhielt sie wohl von dem griechischen Gott der Heilkunst Paian oder Päon. In Homers Epos »Ilias« heilte er die Götter Ares und Hades von den Wunden, die sie sich im Trojanischen Krieg zugezogen hatten
Im Mittelalter bediente man sich der Pfingstrose häufig, um christliche Glaubensinhalte zu vermitteln. Sah man beispielsweise auf einem Bild eine Pfingstrose und einen Drachen, so galten diese als Verkörperung von Heil und Unheil. Auch als Marienpflanze war die Pfingstrose den mittelalterlichen Menschen geläufig, nicht zuletzt wegen ihrer Blütezeit im Marienmonat Mai. In dem Wunsch nach Erlösung und Geborgenheit war es Brauch, Pfingstrosenblüten zu Füßen von Marienstatuen abzulegen. In der christlichen Kunst taucht die »Rose ohne Dornen«, wie sie auch genannt wird, häufig auf – so darf sie etwa im umschlossenen Garten des »Paradiesgärtleins« eines unbekannten Malers neben vielen anderen Blumen ihre Schönheit zeigen. In späteren Zeiten wählten unter anderem Eugène Delacroix, Pierre-Auguste Renoir, Edouard Manet und Paul Gauguin die Pfingstrose als Motiv. Und natürlich ließen es sich viele Dichter nicht nehmen, der Pfingstrose anmutige Verse zu widmen, wie etwa Ferdinand von Saar, dessen anmutiges Gedicht diese kleine Geschichte beschließen soll:
Verhaucht sein stärkstes Düften
Hat rings der bunte Flor,
Und leiser in den Lüften
Erschallt der Vögel Chor.
Des Frühlings reichstes Prangen
Fast ist es schon verblüht –
Die zeitig aufgegangen,
Die Rosen sind verblüht.
Doch leuchtend will entfalten
Päonie ihre Pracht,
Von hehren Pfingstgewalten
Im tiefsten angefacht.
Gleich einer späten Liebe,
Die lang in sich geruht,
Bricht sie mit mächtgem Triebe
Jetzt aus in Purpurglut.
Text: Antje Peters-Reimann
Fotos: Angelika Taub