Zwei Gärten – zwei Komposthaufen

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Obwohl ich lieber säe und pflanze, Stauden teile und  vermehre, obwohl ich das Ernten von Obst und Gemüse, das Betrachten des Gartens und das Beobachten seiner Bewohner eindeutig vorziehe – ab und zu muss ich an ungeliebte grobe Arbeiten gehen:
Die Hecke schneiden, Rasen mähen und den Komposthaufen umsetzen. Und da wir nun einmal zwei Gärten zu betreuen haben, gibt es zwei Komposthaufen! Wobei der Begriff »Haufen« den Leser allerding in die Irre führt. Bei uns gibt es keine »Haufen« sondern Kompostanlagen. Das sind schon etwas umfassendere Bereiche, in denen die Komposterde in Etappen reifen kann. Der Brandenburger Kompost hat dafür 5 Jahre Zeit, wird im Laufe dieser Zeit fünfmal umgesetzt, der in Bayern 2 ½ bis 3 Jahre, wird  pro Jahr zweimal umgesetzt. Der bayerische Kompost entsteht in 4 Behältern, Stahlrahmen mit Brettern. Das ist aus Platzmangel leidet notwendig.

Um den Eresinger Komposthaufen umzusetzen, bedarf es einer Mistgabel, einer Schaufel und eines Zeitaufwandes von ca. 5 Stunden. Während dieser 5 Stunden habe ich genügend Zeit, über diese Tätigkeit und ihren Sinn nachzudenken.

 

 

Hat der Sammelbehälter einen Berg und hilft auch kein Festtreten mehr, dann geht’s los:
Die große Umsetzaktion ist fällig. Sie beginnt am anderen Ende, mit dem vierten Behälter, der weitgehend fertigen Kompost enthält. Die Komposterde wird durchgesiebt. Der Grund: Trotz aller Bemühungen befinden sich immer Steine im Kompost, keine Steinchen, sondern solche mit einem Kaliber von 30 bis 50 mm. Das liegt am Untergrund. Unser Gartenboden lagert auf reinem Schotter  und der gerät immer wieder an die Oberfläche. Die Steine kommen in den ersten Eimer. In den zweiten Eimer werden jene Partikel gesammelt, die nun gar nichts im Kompost zu suchen haben: Metall und Plastik. Wie kommt solch Allerweltsunrat in einen privaten Kompost? Ein weiterer Rückstand beim Sieben sind die vom Kompost unverdauten Grobreste. Größere Holzteile, Knochen etc. Bleibt also die gesiebte Komposterde. Dieser Schatz wird nach Bedarf gebraucht für Topf- und Kübelpflanzen, für Blumenkästen. Dabei wird der sehr nährstoffreiche Kompost mit Sand gemischt. Viel Komposterde braucht das Frühbeet, brauchen die Tomaten und die Staudenbeete.

Ist der vierte Behälter geleert, kommt der Inhalt des dritten in den vierten, der des zweiten in den dritten. Auffällig, wie die Kompostmenge von Behälter zu Behälter abnimmt. Nun sind wir also am zweiten Behälter angelangt. Hier hinein gelangt schichtweise das noch kaum verrottete Material aus dem Sammelbehälter. Damit die Rotte zügig anläuft, kommen schichtweise die groben Siebrückstände dazu, meine »Kompostbeschleuniger«. Außerdem streue ich, sehr sparsam etwas Kalksteinmehl dazwischen. Immer wieder mal festgetreten vollzieht sich in diesem Behälter nun die Hauptrotte. Viele Tiere, wie Regenwürmer und Asseln sind schon mit dem Rohmaterial hineingelangt, setzen ihre Arbeit fort und vermehren sich. Jetzt  haben auch die Pilze ihre große Zeit. Sie sind in der Lage auch die härtesten Holzverbindungen, wie Lignin und Cellulose zu knacken, sie für die Bakterien aufzubereiten. Diese beginnen nun mit ihrer Feinarbeit. Der Komposthaufen wird warm und verliert  an Volumen. Eine »Verbrennung« findet statt, kohlenstoffhaltige Bestandteile werden abgebaut, zerlegt. Ein Teil des enthaltenen Kohlenstoffs dient den Mikroorganismen als Energie. Ein Teil entweicht als Kohlendioxyd.

Pro Jahr kommen so etwa 2-3 Kubikmeter Kompost zustande. Die Nähstoffbilanz des kleinen Eresinger Gartens dürfte damit ausgeglichen sein. Denn mit dem Abbau des  kohlenstoffhaltigen Materials tritt eine Konzentration der diversen Nährstoffe ein. Die sind aber nicht lose und auswaschbar, sondern wunderbar festgehalten durch sogenannte Tonhumus-Komplexe und doch jederzeit für die Pflanzen verfügbar. Und die Komposterde bringt neben den Haupt- und Spurennährstoffen Leben in den Boden, z.B. Bakterien und Pilze, ohne die unsere »höheren« Gartenpflanzen gar nicht existieren könnten.

In Jamlitz sind die zu versorgenden Flächen größer und der Nährstoffgehalt der Komposterde geringer. Eine Krümelstruktur, wie sie vom Gärtner angestrebt wird, weil sie die Pflanzen optimal wachsen lässt, kann beim Sand nicht entstehen. Auch nach der Kompostierung zerfällt die trockene Erde wieder in losen Sand, in humosen Sand, etwas dunkler, als der normale Gartenboden. Um wenigstens in einigen Teilen des Gartens den Boden grundlegend zu verbessern, wären einige Dezitonnen teures Tonmehl erforderlich. Dies würde allerdings die Besonderheit des märkischen Sandbodens zunichtemachen.

Der jamlitzer Kompost hat noch einen Fehler: er enthält keimfähige Samen in Hülle und Fülle. Bringt man solche Komposterde aus, ist man mit Unkraut gesegnet. Das ist besonders unangenehm auf den Staudenbeeten, aber auch im Gemüsegarten und auf dem Spargelbeet. Was auf dem Komposthaufen selbst aufgeht und in kurzer Zeit auch blüht, ist jedoch spannend und interessant. Neben verschiedenen Meldearten sind es Fuchsschwänze, Borretsch und zwei Nachtschattengewächse: Der Stechapfel, Datura stramonium und Nicandra physalodes. Datura, ein wunderbar duftender Nachtblüher in lichtem Blau, und von Nicandra heißt es, sie wäre gut gegen die Weiße Fliege, was insofern stimmt, als Nicandra dies Ungeziefer in Massen anlockt.

Christian Seiffert
aus Jamlitz und Eresing Seit 2001 experimentiert Christian Seiffert parallel in zwei geographisch weit auseinanderliegenden Gärten: in Oberbayern und in der Niederlausitz, im Land Brandenburg.
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Text und Fotos: Christian Seiffert